Molekülhybridisierung mittels Vakuum
Wechselwirkungen zwischen Atomen und Molekülen werden durch elektromagnetische Felder ermöglicht. Je größer der Abstand zwischen den beteiligten Partnern ist, desto schwächer sind diese gegenseitigen Wechselwirkungen. Um natürliche chemische Bindungen eingehen zu können, beträgt der Abstand der beteiligten Atome normalerweise etwa deren Durchmesser. Mithilfe eines optischen Resonators, der das Quantenvakuum stark verändert, ist es Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts (MPL) erstmals gelungen, mehrere Moleküle auf größere Entfernung miteinander optisch zu ‚binden‘.
Die Physiker*innen erzeugen so experimentell synthetische Zustände gekoppelter Moleküle und schaffen damit die Grundlage für die Entwicklung neuer hybrider Licht-Materie-Zustände.
Atome und Moleküle besitzen klar definierte, diskrete Energieniveaus. Verbindet man sie zu einem neuen Molekül, verändern sich die Energiezustände. Dieser Prozess wird als molekulare Hybridisierung bezeichnet und entsteht typischerweise durch die Überlappung von Elektronenorbitalen, also den Bereichen, in denen sich Elektronen gewöhnlich aufhalten. Bei einer Entfernung von wenigen Nanometern ist die Wechselwirkung jedoch bereits so stark abgeschwächt, dass die Moleküle eigentlich nicht mehr miteinander kommunizieren können.
Einem Team um Professor Vahid Sandoghdar, Direktor am MPL und Leiter der Abteilung ›Nanooptik‹, ist es erstmals gelungen, räumlich entfernte Moleküle über modifiziertes Vakuumfeld in einem optischen Mikroresonator miteinander zu koppeln.
Im Inneren eines plan-konkaven Mikroresonators hoher Güte, d. h. zwischen zwei sehr guten Spiegeln, kann Licht über einen längeren Zeitraum gespeichert werden. Die Wissenschaftler*innen inserieren einen Anthracen-Mikrokristall, der mit besonderen Farbstoffmolekülen dotiert ist, in den nur wenige μm-kleinen Resonator. Mithilfe der hochauflösenden Laserspektroskopie untersucht das Team dann die Interaktion der Moleküle und ihre Hybridisierung mit der Resonatormode. Das Auftreten neuer Merkmale im resultierenden Spektrum weist auf Veränderungen der molekularen Energiezustände hin, wie etwa auf sogenannte sub- und superradiante Moden: Subradiante Zustände emittieren weniger stark als zuvor, während superradiante Zustände stärker mit Licht wechselwirken.
Eine besondere Folge der Hybridisierung zweier Moleküle ist, dass man beide nun gleichzeitig in den angeregten Zustand bringen kann. Das heißt, sie sind nicht mehr vollkommen unabhängig voneinander. Dazu werden zwei Photonen aus dem Resonator absorbiert. In dieser Arbeit gab es erstmals eine Zwei-Photonen-Anregung von zwei weit voneinander entfernten Molekülen. Während jedes Photon für sich allein keine Wirkung zeigt, aktivieren sie gemeinsam beide Moleküle gleichzeitig. Weder die Moleküle noch die Photonen können alleine wirken – doch in Harmonie gelingt es.
Sandoghdar: „Quantenzustände sind in der Regel sehr fragil, sodass man nicht so einfach mehrere Moleküle an einander koppeln kann.“
„Unsere Arbeit schafft die Grundlage für die Entwicklung neuartiger Zustände, bei denen materielle Teilchen, wie etwa Moleküle, mit Licht ‚aneinandergeklebt‘ werden. Die Untersuchung einer genau definierten Anzahl interagierender Emitter ist auch ein wichtiger Baustein für die Verarbeitung von Quanteninformation und daher auch von großem Interesse in der Quantentechnologie“, ergänzt Sandoghdar.
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