Optisch aktive Metalle für die Technologien von morgen

Die Verbindung Magnesiumchlorid setzt die üblichen Regeln für Metalle außer Kraft

02.10.2025

Ein internationales Forschungsteam unter Federführung der Universität Bayreuth hat ein Metall entdeckt, das elektrische Leitfähigkeit mit innerer Polarität kombiniert. Dadurch ist es in der Lage, eine sogenannte zweite harmonische Generation zu erzeugen – ein optischer Effekt, der normalerweise ausschließlich bei Nichtmetallen vorkommt und insbesondere für Sensorik und Elektrotechnik von Interesse ist. Über ihre Erkenntnisse berichten die Forschenden im Journal of the American Chemical Society.

Yuqing Lin

Mg₃Cl₇ wurde in einer laserbeheizten Diamantstempelzelle unter hohem Druck und hoher Temperatur synthetisiert und als polares Metall identifiziert, das eine Sekundärharmonische Generation (SHG) zeigt.

Die Verbindung Magnesiumchlorid (Mg3Cl7) setzt nach neuesten Erkenntnissen eines internationalen Teams unter Leitung der Universität Bayreuth die üblichen Regeln für Metalle außer Kraft: Gewöhnliche Metalle leiten Elektrizität durch eine „Elektronenwolke“ aus freien Elektronen, die die Metallatome umgeben; hingegen erfolgt die Leitfähigkeit bei Magnesiumchlorid über Elektronen, die von den Chloridionen bereitgestellt werden. Die besondere Leitfähigkeit schwächt die elektrische Abschirmung im Metall und ermöglicht es der Verbindung, eine permanente interne Ladungstrennung aufrechtzuerhalten, was als Polarität bekannt ist. Bemerkenswert ist, dass dieses polare Metall nicht nur leitet: Trifft Licht auf Magnesiumchlorid, sendet es das Licht mit doppelter Frequenz wieder aus. Eine solche Kombination aus elektrischer Leitfähigkeit, Polarität und optischer Frequenzverdopplung ist nicht nur selten, sondern für Elektronik, Sensorik und Energietechnik sehr wertvoll.

„Es ist sehr aufregend, dass wir ein Metall entdeckt haben, das nicht nur Strom leitet, sondern auch Licht auf unerwartete Weise emittiert“, sagt Dr. Yuqing Yin, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Gruppe Materialphysik und Technologie bei extremen Bedingungen der Universität Bayreuth und Erstautorin der Studie. „Eine solche Kombination ist in der Natur extrem selten und eröffnet völlig neue Perspektiven für die Entwicklung multifunktionaler Materialien.“

Die Entdeckung wurde unter hohem Druck in einer Diamantstempelzelle gemacht – einem Instrument, das Drücke erzeugen kann, wie sie tief im Inneren von Planeten vorkommen. Mithilfe intensiver Synchrotron-Röntgenstrahlen konnte das Team die Kristallstruktur von Magnesiumchlorid direkt bestimmen, da das Material nur unter extremen Bedingungen existiert. Obwohl das Material derzeit noch nicht in industriellen Mengen hergestellt werden kann, öffnet die Entdeckung die Tür zu einer neuen Klasse von Materialien, die metallische Leitfähigkeit mit wertvollen optischen Eigenschaften vereint.

„Wir stehen erst am Anfang“, betont Prof. Dr. Leonid Dubrovinsky vom Bayerischen Geoinstitut (BGI) der Universität Bayreuth und Senior-Autor der Veröffentlichung. „Die Prinzipien, die wir entdeckt haben, zeigen neue Denkansätze für Chemie und Materialdesign. Unsere Arbeit zeigt, dass selbst sehr einfache Elemente wie Magnesium und Chlor unter den richtigen Bedingungen völlig unerwartete Strukturen mit einzigartigen Eigenschaften bilden können.“

Die Studie unterstreicht, wie die Hochdruckforschung weiterhin überraschende Verhaltensweisen scheinbar gewöhnlicher Elemente und Verbindungen aufdeckt. Indem Materialien über die Grenzen der Alltagschemie hinaus belastet werden, entdecken Wissenschaftler neue Regeln – und neue Möglichkeiten – für das Design funktionaler Materialien der Zukunft.

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