Grasendes Vieh reduziert Lachgas-Emissionen

Erwin Schrödinger-Preis 2013 geht an Ökosystem-Klimaforscher aus Deutschland und China

03.07.2013 - Deutschland

Der Jülicher Ökosystemforscher Prof. Nicolas Brüggemann erhält gemeinsam mit vier Mitgliedern einer deutsch-chinesischen Forschergruppe den Wissenschaftspreis des Stifterverbandes – Erwin Schrödinger-Preis 2013. Das Team um Prof. Dr. Klaus Butterbach-Bahl vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hatte bei einem Langzeitprojekt festgestellt, dass Viehhaltung in Steppen- und Präriegebieten die Emission von Lachgas (N2O) reduziert. Bis dahin war die Forschung vom Gegenteil ausgegangen. Der Preis, den der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft jährlich gemeinsam vergeben, ist mit 50.000 Euro dotiert.

Lachgas – auch als Distickstoffmonoxid bekannt – zählt wie Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan zu den wichtigen Treibhausgasen, die zu Treibhauseffekt und Klimawandel beitragen. Rund 60 Prozent der vom Menschen verursachten Lachgas-Emissionen entstehen in der Landwirtschaft, etwa wenn Mikroben im Boden Pflanzenreste oder stickstoffhaltige Exkremente von Schafen beziehungsweise Rindern abbauen. Bislang war die Forschung davon ausgegangen, dass Viehhaltung in großflächigen Steppen- und Präriegebieten die Entstehung von Lachgas antreibt. Die Untersuchungen des Teams in der Inneren Mongolei in China zeigen jedoch, dass beweidete Steppenflächen deutlich weniger Lachgas emittieren als Flächen, die nicht zur Viehhaltung genutzt werden.

Ein Großteil der natürlichen Lachgasemissionen entsteht während der Tauperiode im Frühjahr. Eine wichtige Rolle spielen dabei der Schnee und die Grashöhe: Haben Tiere eine Fläche vor dem Winter abgeweidet, kann sich in den kalten Monaten nicht so viel Schnee zwischen den kurzgefressenen Gräsern ansammeln. Der Wind trägt den Schnee leichter weg. Ist jedoch die Schneedecke dünner, sind die Böden schlechter isoliert und daher bis zu zehn Grad Celsius kälter. Außerdem entsteht während der Tauperiode im März weniger Schmelzwasser, wodurch die Böden trockener sind. Kälte und Trockenheit hemmen die mikrobiellen Aktivitäten: Es entsteht weniger Lachgas.

Das konnten die Forscher nur feststellen, weil sie ein ganzes Jahr lang vor Ort Daten sammelten. Bisher wurden solche Daten meist nur über einen kurzen Zeitraum während der Vegetationsperiode erfasst, auch weil die Messungen technisch sehr aufwendig sind. Das Wissenschaftlerteam geht aufgrund seiner Ergebnisse davon aus, dass bisherige Berechnungen die Lachgasemission aus solchen Gebieten um rund 72 Prozent überschätzen. Das könnte einen vergleichsweise großen Bereich betreffen, denn alleine der eurasische Steppengürtel zieht sich von Ungarn bis Ostasien. Doch ist noch viel Forschungsarbeit notwendig, um die Quellen für die stetig wachsende Lachgaskonzentration in der Atmosphäre vollständig zu verstehen. So ist derzeit beispielsweise unklar, wie stark einzelne Gebiete tatsächlich beweidet werden. Die Arbeit zeigt auch Ansätze zur Verbesserung der Treibhausgasbilanz von Steppengebieten auf. Eine vermehrte Viehwirtschaft wäre zwar keine geeignete Lösung, denn mehr Vieh bedeutet mehr freigesetztes Methan. Zudem führt Überweidung von Steppengebieten zu Bodendegradation und zu starken Verlusten an Bodenkohlenstoffvorräten. Herbstliches Heumachen, bei dem das Gras vor dem Winter abgemäht wird, könnte aber ein vielversprechender Lösungsansatz sein, der sich gut mit der lokalen Praxis der Viehzüchter vereinbaren ließe.

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Entdecken Sie die neuesten Entwicklungen in der Batterietechnologie!