Bund hält am Teilchenbeschleuniger Fair fest: Kosten gedeckelt

Projekt wird später starten als gedacht - und teurer

20.11.2015 - Deutschland

(dpa) Auch nach der Kostensteigerung beim geplanten Teilchenbeschleuniger Fair hält der Bund an dem ambitionierten Projekt in Darmstadt fest. Die Obergrenze sei jetzt nach einem Plus von 235 Millionen Euro bei fast 1,3 Milliarden Euro gedeckelt, sagte der Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, Georg Schütte, am Mittwoch in Darmstadt. Ursache für die Mehrkosten seien ein erhöhter Brand- und Strahlenschutz. Das internationale Projekt zählt zu den größten Forschungsvorhaben weltweit. Dort wollen Wissenschaftler physikalische Grundlagenforschung betreiben, etwa über Vorgänge kurz nach dem Urknall vor etwa 13,8 Milliarden Jahren.

Bei Fair (Facility for Antiproton and Ion Research) handelt es sich um eine Anlage zur Forschung mit den geladenen Teilchen Antiprotonen und Ionen. Herzstück soll ein 1,1 Kilometer langer unterirdischer Ring sein. In ihm werden kleinste Teilchen fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Sie prallen in der Anlage auf ein Ziel und zerbersten. Was dann geschieht, soll die Welt von heute erklären helfen und Rückschlüsse auf die komplexen Eigenschaften der Materie und ihre Erscheinungsformen zulassen. Ein ähnliches Projekt ist das Europäische Kernforschungszentrum Cern in der Nähe von Genf.

Der Start von Fair am Rande Darmstadts ist jetzt für 2022 und 2025 in zwei Stufen geplant. Ursprünglich war hierfür das Jahr 2018 vorgesehen. Experten bezeichnen den Teilchenbeschleuniger auch als eine Art «Universum im Labor».

«Wir werden physikalische Forschung betreiben, die es uns erlaubt, die Entwicklung der Sterne zu verstehen», erklärt der wissenschaftliche Geschäftsführer vom GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, Professor Karlheinz Langanke. Nutzen dürften die Anlage rund 3000 Wissenschaftler aus 50 Ländern. Das GSI ist deutscher Gesellschafter an dem internationalen Projekt.

Fair wird an die bereits vorhandene GSI-Beschleunigeranlage angeschlossen. Im GSI-Beschleuniger kommen die rasenden Teilchen auf bis zu 90 Prozent der Lichtgeschwindigkeit, rund 270.000 Kilometer pro Sekunde. Mit der Fair-Anlage sollen die Teilchen das noch höhere Tempo von fast 99 Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreichen.

Die Ionen rasen schließlich gegen eine kleine Folie oder eine Platte von der Größe eines Fingernagels, bestehend aus Uran- oder Blei-Atomen. Die Wissenschaftler wollen dabei zum Beispiel beobachten, wie beim Zusammenstoß durch den extremen Druck und die extreme Temperatur neue Teilchen und Materieformen entstehen.

Der Finanzplan werde 2019 noch einmal überprüft, sagte Schütte. Ein Kippen des Projekts sei aber «Spekulation». Die Kosten werden seinen Angaben zufolge zu 70 Prozent von Deutschland und zu 30 Prozent von internationalen Partnern übernommen. Insgesamt hat Fair Gesellschafter aus neun Ländern.

Von den zusätzlichen 235 Millionen Euro übernehme Deutschland 173 Millionen Euro, sagte Schütte. Diese Zahlen hatte die «Wirtschaftswoche» bereits genannt. Die von Schütte genannten Summen beziehen sich auf das Preisniveau von 2005. Pro Jahr müsse eine Teuerung von durchschnittlich 1,3 Prozent eingerechnet werden.

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