Erste Elektronen im European XFEL beschleunigt

23.12.2015 - Deutschland

Ein wichtiger Teil des Röntgenlasers European XFEL hat den Betrieb aufgenommen: Der sogenannte Injektor, das 45 Meter lange vorderste Teilstück des supraleitenden Teilchenbeschleunigers, hat die ersten Elektronen beschleunigt, die dabei annähernd Lichtgeschwindigkeit erreichten. Die Aufnahme des Injektortestbetriebs markiert einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Fertigstellung der Anlage.

Dirk Nölle / DESY

Blick in den Hauptbeschleunigertunnel des European XFEL, in dem 100 supraleitende Beschleunigermodule montiert werden.

Der Röntgenlaser European XFEL ist eine internationale Forschungseinrichtung in Hamburg, die einzigartige Röntgenblitze erzeugt, mit denen Forscher aus aller Welt völlig neue Einblicke in den Nanokosmos gewinnen können. Die Anlage besteht aus einem zwei Kilometer langen supraleitenden Linearbeschleuniger für Elektronen, an den sich eine Serie hochpräziser Magnetstrukturen anschließt, in denen die extrem kurzen und hellen Röntgenblitze erzeugt werden.

Der Injektor auf dem DESY-Campus in Hamburg-Bahrenfeld hat nun die erste Serie von hoch geladenen Elektronenpaketen erzeugt und beschleunigt. Die Elektronen benötigten für den 45 Meter langen Weg vom Anfang bis zum Ende des Injektors 0,15 Mikrosekunden (millionstel Sekunden) und erreichten dabei annähernd Lichtgeschwindigkeit.

Der Injektor formt die Elektronenpakete und beschleunigt sie. Im sich anschließenden zwei Kilometer langen Linearbeschleuniger, der derzeit noch montiert wird, erreichen die Elektronen immer höhere Energien. Diese Elektronen erzeugen dann in speziellen Magnetstrukturen die Lichtblitze für Experimente, von denen zahlreiche neue Impulse für die Forschung in den Bereichen Medizin, Energieproduktion und -speicherung, Materialforschung und vielen weiteren Gebieten erwartet werden.

DESY, Hauptgesellschafter und enger Partner von European XFEL, baut und betreibt den gesamten Linearbeschleuniger inklusive Injektor. Die Komponenten für den Injektor liefert und testet das aus 17 europäischen Forschungseinrichtungen bestehende Beschleuniger-Konsortium, das DESY koordiniert. Sachbeiträge stammen insbesondere von DESY und Instituten in Frankreich, Italien, Polen, Russland, Schweden, der Schweiz und Spanien.

„Alle Mitglieder des Beschleunigerkonsortiums haben zum Bau des Injektors beigetragen, und wir schätzen ihre Professionalität bei Planung, Bau und Installation der Komponenten“, erklärt Dr. Hans Weise, leitender Wissenschaftler bei DESY und Koordinator des Beschleunigerkonsortiums. „Die Beiträge ermöglichen es uns, beim Elektronenstrahl die hohe Qualität zu erreichen, die wir für den Betrieb des Freie-Elektronen-Röntgenlasers benötigen.“

Der Aufbau des Injektors ähnelt stark dem im Freie-Elektronen-Laser FLASH bei DESY, dem Prototyp des European XFEL, der 2005 als Nutzeranlage in Betrieb gegangen ist. Mehrere Milliarden Elektronen werden aus einer Elektrode aus Cäsiumtellurid herausgeschlagen, auf die ein ultravioletter Laserpuls trifft. Sie bilden ein Elektronenpaket, das durch Hochfrequenzwellen beschleunigt und durch intensive Magnetfelder zusammengehalten wird. Die Beschleunigung erfolgt zunächst in einem normalleitenden, aus Kupfer gefertigten Hohlraumresonator, anschließend sorgen zwei supraleitende Beschleunigermodule für eine weitere Energieerhöhung. Diese beiden Module werden mit flüssigem Helium auf -271 Grad Celsius abgekühlt, damit die eingebauten Beschleunigungsstrukturen supraleitend werden und eine besonders effektive Beschleunigung ermöglichen. Diese erste Beschleunigungsstrecke ist essentiell für die Eigenschaften des Elektronenstrahls, damit er weiter hinten in der Anlage die Röntgenblitze erzeugen kann, mit denen Forscher Proben mit atomarer Auflösung untersuchen können.

In den nächsten Wochen und Monaten wird der Injektor intensiv getestet, während der übrige Linearbeschleuniger aufgebaut wird. Der nächste große Meilenstein ist die für Ende 2016 geplante Beschleunigung von Elektronen über 2,1 Kilometer bis zur Betriebstelle Osdorfer Born. Der Nutzerbetrieb soll 2017 beginnen.

„Die ersten Elektronen im Injektor sind ein Meilenstein für diese ambitionierte Entdeckungsmaschine – Glückwünsche an alle Physiker und Ingenieure, die die verschiedenen Komponenten mit großem Engagement gebaut und montiert haben“, betont der Vorsitzende des DESY-Direktoriums, Prof. Helmut Dosch. „Mehr als die Hälfte der supraleitenden Module des Hauptbeschleunigers sind bereits getestet und montiert, und ich bin ich sicher, dass wir bald auch hier mit der Inbetriebnahme beginnen können.“

„Ich freue mich, dass der Bau des Injektors erfolgreich abgeschlossen ist. Wir richten unser Augenmerk nun auf den restlichen Teil des Beschleunigers, um den Forschern die brillantesten Röntgenblitze der Welt zur Verfügung stellen zu können“, erklärt European XFEL-Geschäftsführer Prof. Massimo Altarelli. „Ich danke allen, die an der Konstruktion und Inbetriebnahme dieses Startpunkts für unsere Forschungseinrichtung beteiligt waren.“

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