Biologische Systeme mit ihrer erstaunlichen Vielfalt an komplizierten, dabei aber bis in den Nanomaßstab hochgeordneten Strukturen haben schon immer eine
große Faszination auf Materialwissenschaftler ausgeübt und zur Nachahmung angeregt. Aber es ist nicht mehr nur Abkupfern angesagt, die Forschung versucht inzwischen auch,
Mikroorganismen wie
Bakterien,
Viren und
Pilze direkt in die
gezielte Synthese von neuartigen Materialien mit einzubeziehen. Amerikanische Forscher von der
Northwestern University, Evanston, haben lebende Pilze als "Matrizen" bei der Synthese hochgeordneter Strukturen aus Nanopartikeln mitarbeiten lassen.
Das Prinzip, auf dem die Methode der Wissenschaftler um Chad A. Mirkin beruht, ist dabei so simpel wie frappierend: In einem Nährmedium werden nanoskopische Goldpartikel dispergiert, an die zuvor kurze DNA-Stränge gekoppelt wurden. Dann wird das Medium mit Pilzsporen angeimpft. Wenn der Pilz zu wachsen beginnt, bildet er ein fadenartiges Geflecht, das als Hyphen oder Mycel bezeichnet wird. Die Goldpartikelchen lagern sich dabei selektiv an die Oberfläche des Mycels an und bilden einen sehr dichten Überzug. Durch langsames Trocknen und Einbetten in
Epoxy-Harz lassen sich die schlauchartigen Gebilde konservieren und untersuchen.Rasch getrocknet und zu Filmen gepresst erhält man ein faseriges, goldglänzendes Material. Da das Mycel mit einem konstanten, für die jeweilige Pilzart charakteristischen Durchmesser wächst, entstehen sehr gleichmäßige
Schläuche.
Der Clou: über die DNA-Stränge der Goldpartikel kann eine weitere Schicht von Gold-Kügelchen, etwa einer anderen Größe, angekoppelt werden, wenn diese die passenden - komplementären - DNA-Gegenstücke tragen. Nach diesem Prinzip lassen
sich kompliziertere Sekundärstrukturen aufbauen. Aber die Pilze können noch mehr. Sie überleben das "Vergolden" und ihr Mycel wächst - solange sie mit den richtigen Nährstoffen versorgt werden - unbeeinträchtigt weiter. Wechselt man nun das Medium und fügt wiederum Goldpartikel einer anderen Größe zu, lagern
sich diese an die neu entstehenden Bereiche an: Man erhält Schläuche, die abschnittsweise unterschiedliche
Beschichtungen tragen.
"So lassen sich Mikroorganismen als lebende Matrizen zur
Herstellung makroskopischer Architekturen mit streng kontrollierten mikro- und nanoskopischen Dimensionen herstellen," erklärt Mirkin. "Auch wenn das gewonnene Material golden glänzt und so wie ein Metall glänzt, scheint es sich doch eher wie eine neue Form von
Halbleiter zu verhalten. Wir hoffen, so Materialien mit neuartigen maßgeschneiderten opto-elektronischen, magnetischen oder auch
katalytischen Eigenschaften erzeugen zu können."