Berufsperspektiven für Chemiker

02.04.2004

Die Chemieindustrie geht durch einen starken Wandel, der auch in Deutschland seine Spuren hinterlässt. Gleichwohl wird auch in Zukunft die Chemie- und Pharmaindustrie zu den wichtigsten Industriezweigen in Deutschland gehören. Die Industrievertreter im Vorstand der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) äußerten sich anlässlich der letzten Vorstandssitzung zu den Berufsperspektiven für Chemiker. Die langfristigen Perspektiven seien gut. Auch die Einführung der neuen Bachelor- und Masterabschlüsse wurde überwiegend begrüßt. An den Hochschulen wird die Chemie als Basis und Querschnittswissenschaft weiterhin eine bedeutende Rolle spielen.

"Wir betrachten die chemische Industrie als Innovationsmotor für die gesamte Volkswirtschaft und sehen deswegen nach wie vor sehr gute Berufsperspektiven für hochqualifizierte, leistungsorientierte und international ausgerichtete Chemiker, nicht nur in der chemischen Industrie, sondern auch in vielen anderen Branchen", sagte Professor Dr. Dieter Jahn, Abteilungsdirektor bei der BASF AG. Das Unternehmen sieht vor allem fachliche Kompetenz, Team- und Kommunikationsfähigkeit, Führungsqualitäten, Innovationsfähigkeit sowie Auslandserfahrung als Schlüsselqualifikationen. Die BASF-Gruppe hat in den vergangenen Jahren in Deutschland konstant ca. 100 Naturwissenschaftler, überwiegend Chemiker, eingestellt. Die BASF bekennt sich weiterhin bewusst zur Chemie und macht dies deutlich, indem sie künftig in ihrem Logo "The Chemical Company" trägt.

Auch bei der Merck KGaA gibt es einen kontinuierlichen Nachwuchsbedarf an Naturwissenschaftlern. Die Thematik der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland sei für das Unternehmen nicht so wichtig, da man sich mit "Spezialitäten" und nicht mit "Commodities" befasse, sagte Dr. Jan Sombroek, für Personal zuständiges Mitglied der Geschäftsleitung von Merck. "Als High-Tech-Firma werden wir immer einen Bedarf an Spezialisten haben. Allerdings brauchen wir in zunehmenden Ausmaß "Generalisten" die eine solide Ausbildung in den Naturwissenschaften haben, ohne hierfür 16 Semester aufzuwenden." Der Anteil an Grundlagenforschung bei gleichbleibend hohen Forschungs- und Entwicklungsbudgets werde geringer, da die Grundlagenforschung immer mehr nach außen verlagert werde. Es steige der Anteil der "Entwicklungs-Budgets". "In diesem Bereich braucht man Persönlichkeiten, die vernetzt denken können", sagte Sombroek.

Mit der im November 2003 verkündeten Umstrukturierung (Abspaltung des "Chemiegeschäftes" als unabhängige NewCo) hat die Bayer AG gleichzeitig für den "Rest" ein klares Bekenntnis zur Innovation als Wachstumstreiber abgegeben. "Auf den Feldern Gesundheit, Ernährung und neue Materialien wollen wir innovative Produkte mit hohem Kundennutzen finden, entwickeln und vermarkten. Bekenntnis zur Innovation bedeutet auch ein klares Bekenntnis zu einer starken Forschung und Entwicklung (F&E), in der Chemikerinnen und Chemiker nach wie vor eine Schlüsselrolle spielen werden. Auf absehbare Zeit wird diese F&E auch vorwiegend an deutschen Standorten lokalisiert sein", sagte Professor Dr. Jörg Stetter, Direktor bei der Bayer AG. Und Professor Dr. Fred Robert Heiker, Geschäftsführer der Bayer Innovation GmbH, ergänzte: "Für uns ist nach wie vor der promovierte Chemiker als Laborleiter in der Forschung unverzichtbar. Für einen Master sehen wir auch durchaus Chancen (wenn in der Qualität dem Diplom ebenbürtig), interessant ist die Kombination Chemie Bachelor mit Business Master. Die Berufsaussichten reiner Bachelor-Absolventen sind z.Zt. noch schwer zu beurteilen."

Sehr gute allgemeine Fachkenntnisse, unabhängig ob in einem Diplom- oder Masterstudiengang erworben, stehen auch bei der Wacker-Chemie GmbH an erster Stelle des Anforderungsprofils. Natürlich müssen die Kandidaten in einem oder mehreren Bereichen auch tiefergehende Kenntnisse aufweisen. Sie sollten idealerweise über Basiskenntnisse in Betriebswirtschaft verfügen und von marktrelevanten Zusammenhängen gehört haben. Sie sollten überzeugend präsentieren können, über Fremdsprachenkenntnisse verfügen und weltweit einsatzbereit sein. "Exzellente Kandidaten lassen wir uns nicht entgehen, unabhängig davon, ob gerade eine freie Stelle verfügbar ist. Diese benötigen wir auch; denn die Grundlagenforschung wurde in den letzten Jahre tendenziell eher verstärkt. Und von den (meisten) deutschen Hochschulen gibt es nach wie vor exzellente Chemiker", sagte Dr. Rudolf Staudigl, Mitglied der Wacker-Geschäftsführung.

Henkel sieht Innovationen als strategisches Instrument und stellt dazu langfristig Ressourcen bereit. "Hinzu kommt der Wille unserer Forscher, in der ganzen Welt mit Experten an Hochschulen, Instituten und Firmen zu kooperieren, um eigene Produkte und Technologien nach vorne zu bringen", sagte Dr. Wolfgang Gawrisch, CTO Forschung/Technologie der Henkel KGaA. "Wir müssen den jungen Menschen Mut zusprechen, positiv zu denken, und ihnen alle Unterstützung geben, ihre Ausbildung oder ihr Studium erfolgreich anzugehen, damit sie zukünftig verantwortungsvoll Wertbeiträge für unsere Gesellschaft erbringen können." Bei Henkel begrüßt man die Einrichtung von Bachelor- und Master-Studiengängen. Das Unternehmen bietet schon heute Einstellmöglichkeiten für Absolventen mit Bachelor- und Master-Abschluss, z.B. in der Produktentwicklung oder im technischen Außendienst.

Die Anforderungen, die Schering AG an junge Chemiker stellt, fasst Professor Dr. Rainer Metternich, Leiter des europäischen Forschungszentrums in Berlin, kurz und knapp zusammen: erstklassige Abschlüsse, kurze Studiendauer, Doktortitel, ein Post-Doc-Aufenthalt in einer renommierten Forschungsgruppe, Auslandsaufenthalt, sehr gute Englischkenntnisse und vor allem exzellente Chemiekenntnisse. Sehr wichtig sei aber auch eine starke Persönlichkeit mit der Fähigkeit, logisch und systematisch zu handeln. Erforderlich sind weiterhin Bereitschaft zum Team Work, und Konfliktmanagement, vernetztes Denken, Kreativität, schnelle Entscheidungsfindung, Bestimmtheit, Führungsqualitäten, Verantwortungsbewusstsein, Lernwilligkeit, Motivation, Mobilität und Flexibilität sowie Kommunikationsfähigkeit.

Die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen wird bei Procter&Gamble in Deutschland positiv gesehen. "Bereits heute werden unsere neuen Mitarbeiter nicht mehr auf dem deutschen Arbeitsmarkt gesucht, sondern auf dem europäischen. So haben viele unserer Mitarbeiter, die in der Entwicklung oder Produktion tätig sind, einen Bachelor- oder Masterabschluss im Ausland gemacht und konnten in leitende Positionen wachsen. Eine solide Grundausbildung, die die Studenten noch in jungen Jahren auf den Arbeitsmarkt bringt, wird von uns begrüßt und unterstützt. Eine Überqualifikation, verbunden mit höherem Alter, ist immer ein Wettbewerbsnachteil. Insofern erwarten wir, dass sich die Chancen der deutschen Hochschulabgänger im europäischen Wettbewerb verbessern", sagte Dr. Detlef Schermer, Direktor bei der Procter& Gamble Service GmbH in Schwalbach.

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