Deutsche Chemie-Manager reagieren wenig euphorisch auf den Nano-Hype. Kein Wunder, denn für die Chemie-Konzerne ist
Nanotechnologie in erster Linie die Fortsetzung ihrer bewährten Dispersions- oder
Kolloidchemie, so das Technologiemagazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 6/04.
"Die Beschäftigung mit Partikeln ist nichts anderes als Kolloidchemie", sagt Rüdiger Iden, bei der
BASF, Leiter der Polymerentwicklung und des Kompetenzzentrums Nanotechnologie.
Kolloide können, ebenso wie
Nanopartikel, kleiner als die Wellenlängen sichtbaren Lichts sein. Doch haben die Chemie-Manager längst begriffen, welch starker Sog die Vorsilbe "Nano" auf Kunden und Anleger ausübt.
Alle großen deutschen Chemiekonzerne haben inzwischen Entwicklungsgruppen für Nanotechnologie gegründet. Für die
Degussa mit ihrem Fokus auf der
Spezialchemie ist die Expertise auf dem neuen alten Feld geradezu eine Überlebensfrage. Kein Wunder also, dass die Düsseldorfer sich des Nanothemas schon zwei Jahre vor der Konkurrenz annahmen. Bald taten dies auch BASF und
Merck, später
Altana, Wacker und
Bayer. Zu ihrer angenehmen Überraschung stellten die Verantwortlichen fest, dass ihre Unternehmen schon im Nanozeitalter angekommen waren, bevor dieser Begriff geprägt war. Nur dass sich Produkte, die unsichtbare Teilchen aus metallischen Oxiden enthalten, besser vermarkten lassen, wenn sie mit dem Nano-Label versehen sind.
Nanotechnologie setzen Deutschlands Chemieriesen hauptsächlich in der Verbesserung von Materialeigenschaften ein. Die unscheinbaren nanoskaligen Teilchen wie Industrieruß, Kieselsäure, Titanoxid oder Aluminiumoxid sorgen in Lacken, Kunststoffen,
Farben und
Kosmetika für bessere
Leitfähigkeit, Transparenz, Wasser- und Schmutzresistenz. Die Zukunft sieht die Nanochemie im Diagnostikbereich der
Medizin und in der Chipherstellung.