Weiche Hülle, harter Kern: Nanoröhrchen aus cyclischen Peptiden mit einem Bezug aus synthetischen Polymeren

10.05.2005

Seit der Entdeckung von Kohlenstoffnanoröhrchen Anfang der 90er Jahre sind Wissenschaftler und Techniker fasziniert von den Möglichkeiten, die winzige Röhrenstrukturen aus organischen Materialien beispielsweise für die Mikroelektronik, die Trennung von Substanzen oder die Biomedizin eröffnen und noch eröffnen könnten. Freiburger Wissenschaftler haben jetzt neuartige Nanoröhren-Hybride aus Eiweiß und Kunststoff hergestellt: Auf Nanoröhrchen aus cyclischen Peptiden polymerisieren sie weiche Hüllen aus Kunststoff auf.

Cyclische Peptide sind kleine Eiweißmoleküle, deren Aminosäurekette zu einem Ring geschlossen ist. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Amino- und die Säuregruppe sowie das Wasserstoffatom um das erste Kohlenstoffatom einer Aminosäure gruppiert sind: Das Molekül kann dadurch in einer "linken" oder einer "rechten" Form vorliegen. Während Mutter Natur für ihre Eiweiße fast ausschließlich "links"-Aminosäuren benutzt, baut das Team um Markus Biesalski vom IMTEK (Institut für Mikrosystemtechnik), in Analogie zu den Pionierarbeiten auf diesem Gebiet durch Reza Ghadiri (Scripps Institute, San Diego), cyclische Peptide nach dem "eins-rechts-eins-links"-Schema auf. Derartige Peptidringe lagern sich in einem Selbstorganisationsprozess zu einer an ein Blatt Papier erinnernden Struktur zusammen, die sich zu einer winzigen Röhre rollt. Alle Peptid-Seitenketten weisen dabei nach außen, sodass ein Hohlraum im Röhreninnern entsteht. Die Abmessungen werden von der Anzahl der Aminosäurebausteine der Peptidringe bestimmt.

Der besondere Trick: Ein Teil der Seitenketten wurde so gewählt, dass sie als Startpunkte für das Aufpfropfen von Polymerketten dienen können. Um die relativ harten Peptid-Nanoröhrchen entsteht so eine fest gebundene Hülle aus weichem Kunststoff. In ersten Arbeiten wurde hier N-Isopropylacrylamid als molekularer Baustein für die Polymere verwendet. Rasterkraftmikroskopische Aufnahmen zeigen im lösungsmittelfreien ("trockenen") Zustand einzelne stabförmige Objekte von etwa 80 nm Länge und 12 nm Höhe.

Der verwendete Kunststoff ist nicht toxisch und verfügt über interessante physikalische Eigenschaften. So kollabiert die Polymermatrix in einem bestimmten Temperaturbereich. Man kann sich vorstellen, dass man sich derartige Eigenschaften in der Biomedizin z.B. für den Transport von Pharmaka zu Nutze machen kann: Ein eingeschlossener Wirkstoff könnte im Organismus gezielt freigesetzt werden. Aber auch eine Reihe anderer Anwendungen ist mit diesen Hybridmaterialien vorstellbar.

Das neue Bauprinzip ist sehr variabel: "Über die Art des Polymers, die Pfropfdichte und die Kettenlänge lassen sich Hybridnanoröhren mit gezielt einstellbaren Eigenschaften herstellen," sagt Biesalski. "In unserem Labor sind hierzu systematische Studien am Laufen."

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