Einer Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Prof. Ehud Shapiro am Weizmann Institut gelang es, aus biologischen Molekuelen
einen winzigen programmierbaren Computer in einem Reagenzglas herzustellen. Wie in der heutigen Ausgabe der Zeitschrift Nature berichtet
wird, ist dieser biologische Nanocomputer so klein, dass eine Billion (1.000.000.000.000) solcher Computer nebeneinander in einem
Tropfen von einem Zehntel Milliliter waessriger Loesung bei Zimmertemperatur Platz finden und parallel rechnen koennen. Zusammen
koennen diese Computer eine Milliarde Operationen pro Sekunde ausfuehren, mit einer Genauigkeit von ueber 99,8 Prozent pro Operation,
wobei sie nur ein Milliardstel Watt Energie benoetigen. Die Studie koennte den Weg zu Computern weisen, die interaktiv mit der
biochemischen Umgebung innerhalb des menschlichen Koerpers arbeiten und damit weitreichende biologische und pharmazeutische
Anwendungsmoeglichkeiten erschliessen.
Eingabe, Ausgabe und 'Programm' des Computers bestehen aus DNS-Molekuelen. Als 'Hardware' benutzt der Computer zwei natuerlich
auftretende
Enzyme, die die DNS manipulieren. Werden diese in einer Loesung vermischt, erzeugen die Software- und Hardware-Molekuele
harmonisch, ausgehend vom Eingabe-Molekuel, ein Ausgabe-Molekuel und bilden damit eine einfache mathematische Rechenmaschine,
bekannt als endlicher Automat. Dieser Nanocomputer kann fuer die Loesung einfacher Aufgaben programmiert werden, je nachdem, welche
Programm-Molekuele der Loesung beigemischt werden. Er kann zum Beispiel herausfinden, ob im Eingabe-Molekuel eine Liste aus einer
ununterbrochenen Reihe von Nullen besteht, der eine ununterbrochene Reihe von Einsen folgt.
'Die lebendige Zelle enthaelt unglaubliche molekulare Maschinen, und die Art, wie sie auf die molekularen Informationstraeger wie DNS und
RNS einwirken, ist grundsaetzlich der Berechnung mit Computern sehr aehnlich,' sagt Prof. Shapiro. 'Da wir solche Maschinen bislang nicht
wirksam veraendern bzw. neue schaffen koennen, besteht der Trick darin, natuerlich existierende Maschinen zu finden, die in der
Kombination zur Ausfuehrung von Rechenfunktionen gebracht werden koennen.'
Shapiro uebertrug genau diese Aufgabe seinem Doktoranden Yaakov Benenson. Er sollte die molekulare Umsetzung einer der einfachsten
mathematischen Rechenmaschinen finden, eines endlichen Automaten, der errechnet, ob eine Liste von Nullen und Einsen eine gerade Anzahl
von Einsen enhaelt. Bei der von Benenson ersonnenen Loesung spielen DNS-Molekuele und zwei natuerlich vorkommende,
DNS-manipulierende Enzyme eine zentrale Rolle: Fok-I und Ligase. Vergleichbar mit einem biologischen Textredakteur funktioniert Fok-I
als chemische Schere, die die DNS nach einem spezifischen Muster aufspaltet, waehrend das Enzym Ligase DNS-Molekuele
zusammenschweisst.
Im Verlauf der Laborarbeit wurde Shapiro und seinem Team klar, dass sie mit derselben Methode alle acht moeglichen Operationsregeln zur
Steuerung eines binaeren, mit zwei Symbolen operierenden endlichen Automaten umsetzen koennen. Mit den Programm-Molekuelen,
zusammen mit zwei 'Ausgabe-Anzeige'-Molekuelen, die das Ergebnis der Berechnung sichtbar machen, koennen insgesamt 765
Software-Programme erzeugt werden. Einige dieser Programme wurden im Labor getestet, darunter wie oben erwaehnt der
'Gerade-Einser-Pruefer' (das Pruefprogramm fuer die Frage: Liegt eine Gerade Anzahl von Einsen vor?), und der 'Nullen vor Einser-Test'
(fuer die Frage: Kommen die Nullen vor den Einsen?), sowie Programme welche pruefen, ob eine Liste von Nullen und Einsen mindestens
(oder hoechstens) eine Null enthaelt, und ob die Reihe sowohl mit einer Null beginnt als auch mit einer Eins endet.