Winzige Lawinen
Am KIT entwickelte Software zeigt Grenzen der Umformbarkeit von kristallinen Metallen
Kristalline Materialien verformen sich unter Belastung plastisch. Diese irreversible Verformung ist auf kollektive Bewegungen von Gitterfehlern zurückzuführen, so genannte Versetzungen. Sie lassen sich mit winzigen Lawinen vergleichen: Die Verformung geht sprunghaft vonstatten. In den üblichen technischen Dimensionen erscheint sie homogen, aber in kleinen Dimensionen und an mikroskopischen Komponenten wirkt sich der Lawineneffekt sichtbar aus - es treten Dehnungssprünge auf. Zahlreiche Experimente, auch am Forschungszentrum Karlsruhe, bestätigen dies.
Im Rahmen der EU-geförderten internationalen Kooperation SizeDepEn (Size-Dependent Engineering) haben nun Forscher aus Karlsruhe, Budapest, Edinburgh und Rom mithilfe statistischer Analysen des Verformungsverhaltens in Experiment und Simulation eine universelle Verteilungsfunktion der Dehnungssprünge gefunden. Koordiniert wurde die Kooperation vom Institut für Zuverlässigkeit von Bauteilen und Systemen (izbs) der Universität Karlsruhe (TH).
Den Karlsruher Forschern Dr. Daniel Weygand und Dr. Christian Motz vom izbs ist es dabei erstmals gelungen, das Verhalten beim Verformen von kristallinen Metallen anhand einer diskreten Versetzungsdynamiksimulation im Rechner nachzuvollziehen. "Ähnliche Verteilungsfunktionen lassen sich beispielsweise auch zur Beschreibung von Lawinen und Erdbeben heranziehen", erklärt Weygand.
Bei metallischen Mikrostrukturen bringen die Lawineneffekte und ihre statistische Verteilung grundlegende Probleme mit sich. So kann beispielsweise, wenn man einen sehr dünnen Draht umformt, die plastische Verformung stochastisch verteilt auftreten, wodurch das Bilden eines Rings unmöglich wird. Dies könnte künftig zur Herausforderung für die weitere Miniaturisierung von mikromechanischen Bauteilen werden.
Originalveröffentlichung: Science 2007, 318, 251ff.
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