«Plastics» statt «Kunststoff»

Konzerne satteln auf «Denglisch» um

20.02.2008
(dpa) Wenn BASF-Vorstandschef Jürgen Hambrecht an diesem Donnerstag die Bilanz des Chemieunternehmens für 2007 erläutert, bleibt noch alles beim Alten. Der gebürtige Reutlinger wird mit schwäbischem Zungenschlag von der Entwicklung der Geschäftsbereiche Chemikalien, Kunststoffe, Veredlungsprodukte, Pflanzenschutz/Ernährung und Öl/Gas berichten. Künftig wird dann aber unter anderem von «Plastics», «Functional Solutions» und «Performance Products» die Rede sein. Der weltgrößte Chemiekonzern hat seinen Segmenten durchgehend englische Bezeichnungen verpasst und bietet auch keine deutschsprachigen Entsprechungen dazu an. Die BASF ist nicht das erste deutsche Unternehmen, das seine Geschäftsbereiche in englischer Sprache tituliert. Künftig wird man in BASF-Mitteilungen noch öfter Sätze lesen wie diesen: «Im Segment plastics werden die Geschäftseinheiten Specialty Plastics und Foams des Unternehmensbereichs Styrenics in den Unternehmensbereich Performance Polymers integriert.» Der Verein Deutsche Sprache in Dortmund beklagt eine «Flucht aus der deutschen Sprache». «Es ist schade, dass gerade in der Wirtschaft das Englisch der deutschen Sprache so den Rang abläuft», sagt Geschäftsführer Holger Klatte. Sprache sei doch auch ein Wirtschaftsfaktor. Den Sprachschützern ist insbesondere das «Denglisch» - also ein Wortmischmasch aus deutschen und englischen Wörtern - ein Dorn im Auge. Schon seit zehn Jahren verleiht der Verein den zweifelhaften Titel «Sprachpanscher des Jahres». Für 2007 ging diese «Ehrung» an Bahnchef Hartmut Mehdorn. «Noch immer gibt es an deutschen Bahnhöfen counter statt Schalter, einen service-point statt einer Auskunft und zum Pinkeln muss man zu McClean», hieß es zur Begründung. Als Hambrecht die BASF-Pläne vor einigen Wochen noch einmal erläuterte, konnte sich auch mancher Journalist einen bissigen Kommentar nicht verkneifen. Die Bezeichnung «Functional Solutions» (etwa: funktionale Lösungen) werfe die Frage auf, ob die BASF ihren Kunden auch unfunktionale Lösungen anbiete. Eine Bezeichnung wie «Performance Products» dürfte manch einen wohl erst einmal ratlos zurücklassen. In einer Zeitungsglosse wurde die BASF, die sich selbst als «The Chemical Company» (also: Der Chemiekonzern, mit Betonung auf dem Artikel) bezeichnet, kurzerhand in «The Comical Company» umgetauft. Bei den Mitarbeitern am Stammsitz Ludwigshafen kann nicht jeder die «Verenglischung» verstehen. Ein Beschäftigter aus der Pfalz etwa schrieb an die BASF-Mitarbeiterzeitung, er tue sich mit den neuen Bezeichnungen «sehr schwer». Er habe in der Schule etwa sieben Monate Englisch gehabt. Und außerdem: «Ausländische Mitarbeiter von Partnerfirmen müssen am Tor ihre Deutschkenntnisse nachweisen. Die Amtssprache in Deutschland ist Deutsch.» Ein BASF-Sprecher betont, es habe aber nur «eine Handvoll» solcher kritischer Zuschriften gegeben. Mit der Umbezeichnung der Segmente geht eine Neuordnung der einzelnen Bereiche einher. Gleichartige Geschäfte sollen künftig in einem Segment zusammengefasst werden. Davon erhofft sich die BASF nicht zuletzt, dass Investoren das Unternehmen besser als bisher einschätzen und bewerten können. Das könnte wiederum zu einem steigenden Aktienkurs führen, der wiederum die beste Versicherung gegen eine Übernahme der BASF wäre, so das Kalkül. Felix Gress von der BASF-Unternehmenskommunikation stellte in der Mitarbeiterzeitung in Aussicht, dass künftig eher noch mehr englische Begriffe Einzug halten werden. «Denn wir sind schon lange kein deutsches Unternehmen mehr.» Mehr als die Hälfte der Kunden seien Nicht-Deutsche, das Gleiche gelte auch für Mitarbeiter und Aktionäre. «Wir müssen sicherstellen, dass sie alle uns gut verstehen und dass wir sie gut verstehen.»

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