Nicht überall wo Nano drin ist, steht auch Nano drauf
Neue Studie des Öko-Instituts untersucht Nanomaterialien in Lebensmitteln: Bei Verpackungen interessant, für die Ernährung nur in Ausnahmefällen sinnvoll
Sie befinden sich in PET-Flaschen, Verpackungsfolien oder als Zusatzstoffe in der Streuwürze: Nanopartikel. Die Nanotechnologie hat Einzug in den Lebensmittelbereich gehalten. Doch was genau in den Geschäften zu kaufen ist, wie die künftige Entwicklung aussehen könnte und wo die Risiken liegen, darüber gibt es bisher erst wenige Erkenntnisse. Im Auftrag von TA-SWISS, dem Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung in Bern, hat sich das Öko-Institut nun ausführlich mit diesen Fragen beschäftigt. Untersucht haben die Experten vor allem den Schweizer Markt, die Ergebnisse lassen sich jedoch größtenteils auch auf Deutschland übertragen.
Wichtigste Ergebnisse der neuen Studie: "Bislang sind nur wenige Lebensmittel mit Nanokomponenten auf dem Schweizer Markt erhältlich. Die dort verwendeten Nano-Zusatzstoffe werden schon seit Jahren verwendet, sind toxikologisch überprüft und von ihnen gehen demzufolge keine Risiken für die Verbraucherinnen und Verbraucher aus", fasst Projektleiter Martin Möller vom Öko-Institut zusammen. Allerdings: "Der Beitrag der Nanotechnologie für eine umweltverträgliche und gesundheitsfördernde Ernährung ist derzeit gering und wird es nach unserer Auffassung wohl auch bleiben", sagt Dr. Ulrike Eberle, Expertin für nachhaltige Ernährung.
Besonders kritisch beurteilen die Wissenschaftler Nahrungsergänzungsmittel mit nanohaltigen Edelmetallen, die auf dem außereuropäischen Markt (insbesondere in den USA) angeboten werden und über das Internet auch in Europa erhältlich sind. "Diese Produkte haben keinen Nutzen. Wir befürchten im Gegenteil, dass sie aus toxikologischer Sicht eher gefährlich sind", warnt Martin Möller.
Wo liegen die Chancen der Nanotechnologie?
"Wenn die Nanotechnologie bei Lebensmitteln überhaupt eine Zukunftsperspektive hat, dann am ehesten im Bereich der Verpackungen", stellt der Experte fest. Diese bringen den Verbrauchern schon heute einen Vorteil, denn Nano-Verpackungen wiegen weniger und garantieren zum Teil eine längere Haltbarkeit der Lebensmittel. Außerdem hat eine erstmals publizierte ökobilanzielle Untersuchung ergeben, dass beispielsweise PET-Flaschen mit synthetischen Nanokomponenten im Vergleich zu Aludosen und Einweg-Glasflaschen eine günstigere CO2-Bilanz aufweisen: Bei Herstellung, Transport und Recycling verursacht die Nano-PET-Flasche rund ein Drittel weniger Treibhausgase als eine Aludose und 60 Prozent weniger als eine Glas-Einwegflasche und weist damit eine ähnlich gute Ökobilanz auf wie die Glas-Mehrwegflasche.
Voraussetzung für einen gefahrlosen Einsatz von Nanomaterialien im Verpackungsbereich: Die Chancen der neuen Technologie müssen noch viel besser erforscht und die Risiken verringert werden. So sollte die Nano-Schicht beispielsweise nicht direkt in Kontakt mit den Lebensmitteln kommen, um zu verhindern, dass die Materialien auf die Produkte übergehen. Außerdem wird ein unspezifischer Einsatz von keimtötenden Nano-Silberpartikeln kritisch bewertet. Diese können zwar bewirken, dass Lebensmittel länger halten. Doch die keimtötende Wirkung kann vor allem bei einem massenhaften Eintrag über die Kanalisation in der Kläranlage zu Störungen führen.
Einen weiteren Vorteil könnte die Nanotechnologie auch für Schwellen- und Entwicklungsländer darstellen: Wenn Grundnahrungsmittel mit nanohaltigen Spurenelementen wie Eisen, Zink Folsäure oder Vitamin A angereichert würden, könnte dies einer Mangelernährung vorbeugen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die verwendeten Nanomaterialien human- und ökotoxikologisch unbedenklich und dass sie für die betroffenen Bevölkerungsgruppen verfügbar sind.
Die Empfehlungen der Öko-Instituts-Wissenschaftler
"Handlungsbedarf sehen wir auf Seiten der Hersteller, Verarbeiter und Händler, sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland", stellt Andreas Hermann, Umweltrechts-Experte am Öko-Institut, fest. "Wir fordern eine staatlich vorgeschriebene Pflicht für Hersteller und Importeure, Lebensmittel und Lebensmittelverpackungen mit besorgniserregenden Nanomaterialien zu melden. Außerdem empfehlen wir eine Kennzeichnung innerhalb der Wertschöpfungskette, um Nanoprodukte leichter erkennen, rückverfolgen und überwachen zu können", sagt der Umwelt-Jurist.
Neben einer Risikoforschung sind aus Sicht des Öko-Instituts Transparenz, Information und Dialogbereitschaft seitens der Hersteller notwendig. "Andernfalls besteht die Gefahr, dass sich die Debatte um Gentechnik in Lebensmitteln wiederholt", warnt Andreas Hermann.
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