Chemische Industrie hat Talsohle erreicht

Herstellung von Grundchemikalien zieht wieder an

09.07.2009 - Deutschland

Nach dem Einbruch Ende letzten Jahres hat die chemische Industrie in Deutschland die Talsohle der Rezession erreicht: Seit Februar 2009 zieht die Produktion von Grundchemikalien – ein zentraler Indikator für den konjunk­turellen Trend in Deutschlands viertgrößtem Industriezweig – wieder leicht, aber stetig an. „Wenn wir den Blick nach vorne richten, können wir trotz der tief hängenden Konjunkturwolken einen Lichtschimmer am Horizont ausmachen. In den letzten Monaten hat sich die Produktion stabilisiert – wenn auch auf einem sehr niedrigen Niveau“, erklärte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Prof. Dr. Ulrich Lehner, vor der Presse in Frankfurt. „Unsere Unternehmen rechnen jetzt überwiegend mit einer leichten Belebung des Chemiegeschäfts in der zweiten Jahreshälfte.“

Im ersten Halbjahr 2009 hat die weltweite Wirtschaftskrise die chemische Industrie in Deutschland schwer getroffen. Die schwache Nachfrage von wichtigen Industriekunden im In- und Ausland hinterließ tiefe Spuren in den Bilanzen der Branche: Die Chemieproduktion verringerte sich im Vergleich zum Vorjahres­zeitraum um 15,5 Prozent. Damit fiel die deutsche Chemie in etwa auf das Produktions­niveau von 2003 zurück. Die Kapazitätsauslastung der Anlagen markierte mit nur 72 Prozent einen neuen Tiefstand. Für das Gesamtjahr 2009 rechnet der VCI mit einem Rückgang der Chemieproduktion um 10 Prozent, der Gesamtumsatz wird sich nach der Prognose des VCI um 12 Prozent verringern.

Umsatz: Im ersten Halbjahr 2009 sank der Gesamtumsatz der deutschen Chemie um 16,5 Prozent auf 69,7 Milliarden Euro. Der Rückgang erfasste das Inlands- und Auslandsgeschäft gleichermaßen: Der Auslandsumsatz sank um 17 Prozent auf 40,2 Milliarden Euro, der Inlandsumsatz lag mit 29,5 Milliarden Euro rund 16,5 Prozent niedriger als im ersten Halbjahr 2008.

Preise: Zu Beginn des Jahres hatte sich der Preisverfall für chemische Produkte zunächst fortgesetzt. Seit April haben sich die Preise jedoch stabilisiert. Bei einigen Grundstoffen zogen sie sogar wieder an. Im Durchschnitt waren Chemikalien 1,0 Prozent günstiger als im ersten Halbjahr 2008. Besonders deutlich war der Preisrückgang bei den Petro­chemikalien mit 11 Prozent und den Polymeren mit 4,5 Prozent.

Exporte und Importe: Die weltweite Wirtschaftskrise dämpfte die Nachfrage nach Chemikalien aus deutscher Produktion auf allen Exportmärkten. Dadurch sanken die Ausfuhren im ersten Halbjahr 2009 um 12,0 Prozent auf 62,3 Milliarden Euro. Wegen der schwachen Inlandsnachfrage gaben auch die Chemie-Importe im ersten Halbjahr 2009 deutlich nach: Sie lagen 10,0 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Insgesamt wurden Chemikalien im Wert von 42,6 Milliarden Euro nach Deutschland eingeführt. Im Saldo resultiert daraus ein Außenhandelsüberschuss von rund 19,7 Milliarden Euro für die chemische Industrie. „Damit trug unsere Branche kräftig dazu bei, die Außenhandelsbilanz unseres Landes in einem sehr schwierigen Umfeld im Plus zu halten“, betonte der VCI-Präsident.

Beschäftigung: Trotz der gravierenden Absatzprobleme blieb die Zahl der Mitarbeiter in der Branche zwischen Januar und Juni nahezu stabil. Die deutsche Chemie beschäftigte im ersten Halbjahr 2009 rund 439.500 Mitarbeiter – das waren nur 0,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Die Unternehmen greifen verstärkt auf das Mittel der Kurzarbeit zurück, so der VCI, um die Arbeitsplätze der Stamm­belegschaft auch in der Krise zu erhalten: Derzeit sind nach Schätzung des Verbandes hiervon rund 50.000 Beschäftigte in der chemischen Industrie betroffen.

Investitionen und Forschungsaufwendungen: „Es ist verständlich, dass in der derzeitigen Situation bei vielen Firmen Liquidität sichern und Schulden abbauen Vorrang hat vor anderen strategischen Optionen. Zudem erschweren höhere Risiko­zuschläge und kürzere Laufzeiten bei nicht wenigen Kreditinstituten die Finanzierung von größeren Investitionen“, betonte VCI-Präsident Lehner. „Wir gehen deshalb davon aus, dass die Branche ihre Investitionen in Sachanlagen im Jahr 2009 um 5 bis 10 Prozent zurück­fahren wird.“ Für die Forschungs­budgets erwartet der VCI jedoch keinen Rückgang. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung werden seiner Einschätzung nach 2009 auf dem Vorjahresniveau von rund 9,1 Milliarden Euro verharren.

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