Preise in der Chemie: Gut, aber nicht gut genug

05.03.2013 - Deutschland

Zwei Drittel der Chemieunternehmen können keine angemessenen Preise aus ihren Produkten herausholen. Schuld daran sind nicht schwankende Rohstoffpreise oder preisaggressive Märkte, sondern die Unternehmen selbst. Eine Sonderauswertung der Global Pricing Study 2012 für die chemische Industrie zeigt teils deutliche Unterschiede zu den branchenübergreifenden Ergebnissen.

Wesentlich für den Erfolg eines Unternehmens ist die Fähigkeit, die Preise am Markt zu bekommen, die seine Produkte tatsächlich wert sind (sog. Pricing Power) – das gilt zunächst für jede Branche. Die chemische Industrie begründet ihre geringe Pricing Power mit dem Hinweis auf commoditisierte Produkte und starker Abhängigkeit von Rohstoffkosten.

Zwar konnten 88 Prozent der Befragten aus dem Chemiebereich im Jahr 2011 ihre Preise erhöhen – in der Gesamtauswertung aller Branchen sind es nur 57 Prozent. Doch der Schein trügt: „Es handelt sich bei diesen Erhöhungen im Grunde um Preisanpassungen, also gestiegene Rohstoffkosten, die weitergegeben werden. Auf Dauer sind dadurch keine höheren Gewinne zu erwarten“, erklärt Branchenexperte Dr. Fabian Braun, Partner der globalen Strategieberatung Simon-Kucher & Partners.

Wie können also Preise angemessen erhöht werden? Die Antwort klingt so einleuchtend wie simpel: Indem die Chefs das Thema Preis selbst in die Hand nehmen.

Preise sind Chefsache

Eine starke Beteiligung der Geschäftsführung kombiniert mit einer spezialisierten Pricing-Organisation ist der beste Weg für ein Unternehmen, seine Gewinne auch in harten Zeiten zu halten und sogar zu steigern. Da ergibt die Global Pricing Study 2012. Dieses Mal nahmen 2.700 Befragte aus leitenden Positionen von Unternehmen aller Branchen aus 50 Ländern teil. Die Sonderauswertung von 96 Befragten aus der Chemiebranche bestätigt dies: Unternehmen, in denen die Geschäftsführung Pricing zur Chefsache macht, haben eine 30 Prozent höhere Chance, bei Preiserhöhungen nicht nur Rohstoffkosten weiterzugeben, sondern auch die Marge zu steigern.

Die Sonderauswertung zeigt weiter, dass vor allem der Anteil der Preise, die letztlich auch am Markt durchgesetzt werden konnten, zum Gesamtergebnis variiert. Während knapp zwei Drittel aller Befragten weniger als 60 Prozent der geplanten Preiserhöhungen implementieren konnten, waren es bei Chemie ‚nur‘ 48 Prozent. „Im direkten Vergleich steht die Chemiebranche scheinbar besser da. Aber deswegen noch lange nicht gut. Wenn fast die Hälfte die Umsetzung lediglich bis zu diesem Grad schafft, finden viele Preiserhöhungen nur auf dem Papier statt“, sagt Dr. Andrea Maessen, Partnerin bei Simon-Kucher. Aber immerhin konnte die andere Hälfte der befragten Chemie-Manager bis zu 80 Prozent der geplanten Preise umsetzen. „Es spalten sich die Lager, die einen können sich mehr durchsetzen, die anderen weniger“, so Maessen. Pricing Power ist folglich kein Branchenphänomen – hierfür ist jedes einzelne Unternehmen selbst verantwortlich..

Die Lehren der Pricing Champions

Die Experten Braun und Maessen skizzieren, was Unternehmen mit schwacher Preisdurchsetzung von den ‚Pricing Champions‘ ihrer Branche lernen können: Zunächst geht es darum, die eigene Pricing Power zu verbessern. Also die Fähigkeit eines Unternehmens, genau den Preis für seine Produkte zu erhalten, den es tatsächlich verdient. Dazu müssen organisatorische Strukturen geschaffen werden, die Preise langfristig steuerbar machen. Auch ist es wesentlich, die Preiserhöhungen klar und transparent an den Kunden zu kommunizieren. „Offenheit wird vom Kunden honoriert und stärkt das Vertrauensverhältnis“, weiß Braun.

Wenn es an die Umsetzung geht, muss das gesamte Team mitziehen. Die Geschäftsleitung muss Vorgaben machen, die der Vertrieb zu erfüllen hat. Sonst werden die Preise – wie oft üblich – zu Gunsten der Menge gedrückt. Klare Zielvorgaben und -vereinbarungen geben den Ausschlag.

 

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