Ig-Nobelpreise für Hunde-Übersetzer und Nabel-Flusen-Erforschung

07.10.2002
Boston (dpa) - Während die internationale Forschergemeinde noch der Nobelpreis-Bekanntgabe in der kommenden Woche entgegenfiebert, sind die ersten der edlen Auszeichnungen bereits vergeben. Im alten Sanders-Theaters der amerikanischen Harvard-Universität in Boston wurden am Donnerstagabend in einer Zeremonie, die zwar nicht die Feierlichkeit, aber sicherlich den Spaß der wirklichen Nobelvergabe übertraf, die Ig-Nobelpreise vergeben. Das sind Auszeichnungen für «Forschungen, die nicht wiederholt werden können, oder besser nicht wiederholt werden sollten». Die Preisträger hatten die Ansammlung von Flusen im Bauchnabel untersucht oder die Zerfallsgeschwindigkeit des Bierschaums berechnet. Zum zwölften Male hatten die Juroren der amerikanischen Zeitschrift «Annals of Improbable Research» diese und weitere wahre Perlen des Forschereifers aus der Flut der seriösen wissenschaftlichen Journale gefischt. Ein Höhepunkt der Preisvergabe war, ganz wie bei den «richtigen» Nobelpreisen, die Vergabe des Friedenspreises. In diesem Jahr richteten die Juroren ihr Auge auf das Konfliktfeld zwischen Mensch und Tier. Der Preis ging für «die Förderung der Verständigung zwischen den Spezies» an japanische Forscher, die das Computerprogramm «Bow-Lingual» entwickelten. Es übersetzt das Bellen der Hunde simultan in einfache Sprache. Das Forschungen vom tierischen Umfeld beeinflusst werden, zeigte auch der diesjährige Mathematik-Preis für zwei indische Forscher, die sich bemühten, die genaue Oberfläche einheimischer Elefanten zu bestimmen. Im Fachgebiet Biologie wurde eine britische Forschergruppe ausgezeichnet, die das Balzverhalten von Straußen gegenüber ihren Betreuern auf britischen Straußenfarmen untersucht hatte. Das den Forschern auch Menschliches nicht fremd ist, zeigt der Preis für Medizin - er ging an Chris McManus vom University College in London für seine schon 1976 in der Zeitschrift «Nature» veröffentlichte Untersuchung über die Asymmetrie von Hoden, beim Mann. Ein wenig höher setzte dagegen Karl Kruszelnicki von der Universität Sydney an. Seine Forschungen brachten Licht in ein altes Menschheitsproblem: Warum, wie, bei wem und wie stark sammeln sich eigentlich Flusen im Bauchnabel? Die umfassende und praxisnahe Erörterung erhielt den Preis für interdisziplinäre Forschung. Viele preisgekrönte Anstrengungen zielten unmittelbar auf die Praxis: so wurde der Preis für Chemie für die Konstruktion einer Periodentafel der Elemente vergeben, auf die man auch Bier und Cracker abstellen kann. Der deutsche Physiker Arnd Leike von der Universität München ging einen Schritt weiter: Für seine erst kürzlich im «European Journal of Physics» (Januar 2002, S. 21) veröffentlichte Demonstration des exponentiellen Zerfalls am Beispiel des Bierschaums erhielt er den Ig-Nobelpreis für Physik. Wichtig scheint auch die Forschung einer internationalen Ökonomen- Gruppe zu sein, die die Anwendung imaginärer Zahlen der Mathematik auf die Geschäftswelt überprüfte - gerade angesichts imaginärer Geschäftsberichte amerikanischer Großunternehmen eine überfällige Wissenschaft, für die der Ig-Nobelpreis für Wirtschaft vergeben wurde. Das englische Wort «ignoble» bedeutet zwar in etwa «niedrig» oder «schändlich». Dennoch ist diese Verleihung keine Schande. Jedes Jahr kommen fast alle Geehrten zur Verleihung nach Boston und sie erhalten ihre Preise dort auch von echten Nobelpreisträgern. In diesem Jahr waren dies unter anderem die Chemiker Dudley Herschbach (Preis 1986) und William Lipscomb (1976) sowie der Medizin-Nobelpreisträger von 1993, Richard Roberts.

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