Neue Lösung bei Ölhavarien auf See

05.06.2014 - Deutschland

Ein Forschungsergebnis aus Rostock stößt europaweit auf Interesse. Und das nicht nur bei Umweltschützern: Wissenschaftler der Universität Rostock haben federführend eine neue Methode zur Ölbekämpfung im küstennahen Bereich sowie in Flachwassergebieten, selbst bei hohem Wellengang entwickelt. Die Lösung: Aus der Luft werden vom Flugzeug aus biologisch abbaubare Binder in der Größe von fünf mal fünf Zentimetern und einer Dicke von vier Millimetern abgeworfen. Auf den Bindern sind ölabbauende Mikroorganismen immobilisiert. „Was sich so einfach anhört - der Abwurf der biologisch abbaubaren Binder, ihr Einsammeln und Entsorgen war aber eine große Herausforderung für die Forscher“, sagt Professor Fokke Saathoff  vom  Lehrstuhl für Geotechnik und Küstenwasserbau der Universität Rostock. Unter seiner Gesamtprojektleitung ist zudem auch ein Unfallmanagementsystem entwickelt worden, damit alle Einzelkomponenten zur Ölhavariebekämpfung ineinandergreifen, miteinander funktionieren und an die bestehenden Verwaltungsstrukturen angepasst sind.

Kristin Nölting/Uni Rostock

Die biologisch abbaubaren Binder haben eine Größe von 5 x 5 cm und eine Dicke von 4 mm.

Das Projekt ist mit zwei Millionen Euro vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert worden. Mit im Boot für die neue Technologie zur Ölbekämpfung, die als potentielle Ergänzung zu bestehenden Konzepten des Havariekommandos und der Küstenländer geplant ist, sind acht Partner aus Forschung und Wirtschaft. So auch das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW).

Am 11. und 12. Juni wird das neu entwickelte System mit einem Forschungsschiff vom IOW in der Ostsee getestet. Das Szenario bei einem Ölunfall funktioniert dann so: Die Piloten der Flieger scannen die Oberfläche des Meeres ab und legen die Koordinaten einer angenommenen  Ölverschmutzung fest. Über ein zweites Flugzeug werden die biologisch abbaubaren Binder dann abgeworfen. „Die Binder lassen sich anschließend von der Wasseroberfläche aus mit Netzsperren einfangen oder von  Land aus mit Vakuumtechnik aufsaugen und werden thermisch entsorgt“, schildert Prof. Mathias Paschen, Teilprojektleiter und Lehrstuhlinhaber Meerestechnik der Universität Rostock. Sein Ziel: Die kontaminierten Ölbinder im schwimmenden Zustand rasch einsammeln. Dazu wurden Elemente klassischer Ölsperren mit Fischereitechnik kombiniert. Die entwickelte Netzsperre ist an Bojen aufgehängt und wird von zwei Schiffen gezogen. Die Biobinder wurden von der TU Dresden entwickelt und bestehen aus Holzfaserstoffen. Das sächsische Institut für angewandte Biotechnologie hat Stämme gewässertypischer Mikroorgansimen untersucht und gefunden, mit denen die Binder bestückt werden. „Das ermöglicht durch ein von uns entwickeltes Mikroorganismenkonsortium einen erhöhten Ölabbau“, verdeutlicht Dr. Martin Powilleit vom Lehrstuhl für Geotechnik und Küstenwasserbau. Im Klartext: Die Mikroorganismen, die in der Lage sind, Öl abzubauen, werden aus dem Ostseewasser gezüchtet. „Wir suchen die besten Bakterienstämme aus, die mit giftigen Ölkomponenten zurechtkommen müssen und davon leben“, erläutert der Projektkoordinator. Das Besondere: Die Organismen können ein Jahr im trockenen Zustand leben. Kommen sie dann in Flüssigkeiten, beginnen sie zu wachsen und tun ihre Arbeit, nämlich Öl abbauen.

Das interdisziplinäre Verbundforschungsvorhaben zur luftgestützten Ölhavariebekämpfung trägt den Namen BioBind. Es wirkt  sehr überzeugend in Ergänzung zu bestehenden Systemen und bedeutet eine zeitnahe, weitgehend seegangsunabhängige Reinigung von Flachwassergebieten und küstennahen Bereichen. Erste Reaktionen deuten darauf hin, dass diese neueste Technologie zur Ölbekämpfung auch im Süßwasser oder Bodden zum Einsatz kommen könnte. Das Team von Prof. Saathoff erarbeitet derweil für Nutzer eine Bedienungsanleitung. Forschungs-Folgeanträge sind in Vorbereitung.

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