Faltenfreie Keramik aus dem 3D-Drucker
Mit ihrem neuen 3D-Pulverdruck-Verfahren können Wissenschaftler von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) feine Keramikstrukturen ohne scharfe Kanten und Poren herstellen. Die so hergestellten Keramikstrukturen weisen eine höhere Stabilität aus als mit vergleichbaren additiven Methoden hergestellte Strukturen: Fehlende Kanten verringern den Bruch und nicht vorhandene Poren erhöhen die Dichte des Bauteils. Das Verfahren ist industriefähig. Es ist einfach, schnell, preiswert und nutzt ungefährliche Ausgangsstoffe aus der Kosmetikindustrie.
Additive Fertigungsverfahren mit Kunststoffen und Metallen als Werkstoff sind heute Stand der Technik. Sollen aber Keramiken additiv verarbeitet werden, stehen nur wenige Verfahren zur Auswahl. Das liegt schon in der Natur des Materials Keramik. So erfordert der Prozess hohe Temperaturen, um Keramikpulver zu einer monolithischen Komponente – also zu einer Komponente aus einem Guss – zu verschmelzen. Auch können Keramiken nicht wie Harze vernetzt oder wie die meisten Polymere und Metalle unter Hitze plastisch verformt werden.
Professor Dr. Jens Günster, Leiter des Fachbereiches 5.4 Keramische Prozesstechnik und Biowerkstoffe an der BAM und sein Team setzen daher auf präkeramische Polymere im 3D-Pulverdruck. Präkeramische Polymere sind spezielle Polymere, die in Keramik umgewandelt werden können. Sie können vernetzt, plastisch verformt, geschmolzen oder in vielen Lösungsmitteln gelöst werden. Damit lassen sich die Formgebungsprobleme bei Keramik geschickt umgehen.
„Wir verwenden ein kommerzielles, sehr preisgünstiges Pulver, das in industriellen Prozessen, wie auch bei der Kosmetikherstellung eingesetzt wird. Das bringen wir Schicht für Schicht auf und verkleben es lokal mit einem Lösungsmittel, bis die gewünschte Struktur fertiggestellt ist“, erklärt Günster. In diesem 3D-Druckprozess wird das Lösungsmittel wie beim Tintenstrahldrucken mittels eines Druckkopfes auf die Schichten gedruckt. Das so geformte Polymer wird anschließend unter Ausschluss von Sauerstoff bei Temperaturen über 1200 Grad Celsius gebrannt: Es entsteht eine Keramik aus glasigem Siliciumoxycarbid (SiOC).
Der Trick mit dem Vernetzer
Allerdings funktioniert der Prozess nicht ohne einen Trick, der die Forschergruppe aber mit ihrer Entwicklung weiterbrachte. Das Problem war, dass das gedruckte Polymer bereits ab 60 Grad Celsius schmilzt und ein Brennen damit nicht möglich ist. Um dennoch ein Keramikbauteil zu erhalten, setzten die Wissenschaftler dem gelösten Pulver einen „Vernetzer“ zu. Dieser Vernetzer wird mit dem Lösungsmittel beim Drucken dann in das Polymer eingebracht. Beim Brennen bewirkt er, dass die gedruckte Struktur ihre Form beibehält.
„Durch die Eigenschaften des Vernetzers inspiriert, haben wir das Verfahren weiterentwickelt. Wir nutzen jetzt zwei Druckköpfe wie beim Farbdruck auf Papier. Über den einen Druckkopf verlässt Lösungsmittel mit Vernetzer und über den anderen Druckkopf reines Lösungsmittel ohne Vernetzer den 3D-Druckkopf. Mit diesen beiden Flüssigkeiten drucken wir in einem Vorgang das Skelett einer Struktur und die Hülle darüber. Beim Brennen behält das Skelett seine Struktur, da es ja den Vernetzer enthält. Die darüber aufgebrachte Hülle ohne Vernetzer schmilzt. Dabei benetzt es das Skelett und läuft aufgrund des Zusammenspiels von Viskosität, Oberflächenspannung und Schwerkraft auch in dessen Gitterstruktur. Als Ergebnis erhalten wir eine Keramik, deren Oberfläche keine Poren enthält und glatt ist, also ohne scharfe Kanten. Die Struktur hat sich durch Selbstorganisation optimiert und ist somit druckbelastbarer“, erklärt Günster weiter.
Technologietransfer: Keramikgerechtes Design durch additive Fertigung
Dieses Verfahren entwickelte die Forschergruppe an der BAM zusammen mit Voxeljet AG. Beim 3D-Druck als additives Fertigungsverfahren wird der Werkstoff zur Herstellung eines Bauteils schichtweise hinzugefügt. Mit diesem Schichtbauprinzip können geometrisch komplexe Strukturen, die mit konventionellen Fertigungsverfahren nicht oder nur aufwendig realisierbar sind, hergestellt werden. Allerdings müssen die Grenzen und damit verbunden die technische Zuverlässigkeit dieser Materialien im Blick behalten werden: Eine Aufgabe der BAM, die seit Jahrzehnten ausgewiesene Kompetenz im Bereich der Materialforschung und -prüfung besitzt. Fragen der Charakterisierung, Nutzungsdauer, Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit von Materialien, Stoffen und Werkstoffen bündelt die BAM in ihrem Themenfeld Material.
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