Die Chemische Industrie: Standortbestimmung und Innovationsfähigkeit

10.04.2003

Trotz schwacher Konjunktur und eines starken Euro hat sich die deutsche chemische Industrie gut behauptet. Mit ihren Produkten und Technologien ist sie eine Schlüsselindustrie und Innovationsmotor für die gesamte Wirtschaft und sichert auch die Wettbewerbsfähigkeit für andere Industriebranchen, wie zum Beispiel bei Life Science Produkten, im Apparate-, Maschinen- und Fahrzeugbau, in der Textilwirtschaft, Bauwirtschaft, Verpackungsindustrie oder Lebensmittelindustrie und IT-Branche. Weltweit liefert die chemische Industrie eine Vielfalt von Produkten für den Konsum und Vorprodukte zur Weiterverarbeitung in fast allen Branchen.

Im Heimatmarkt Europa ist Deutschland der Chemieproduzent Nummer 1, mit einem Anteil von 26 % der europäischen Chemieproduktion. Im Jahr 2002 erwirtschaften ca. 1.700 Betriebe mit 460.000 Beschäftigten einen Umsatz von 133 Mrd. Euro, das entspricht rund 10 % der deutschen Industrieproduktion. Der Anteil an der Weltchemieproduktion beträgt knapp 7,5 %, nur die USA und Japan produzieren mehr chemische Erzeugnisse.

Die deutsche Chemieproduktion hat sich 2002 gegenüber dem rückläufigen Vorjahr erholt und erreichte mit einem Zuwachs von 2,5 % das Produktionsvolumen des Jahres 2000. Der Umsatz der Branche sank um gut 1 %, im Inland betrug der Rückgang sogar knapp 2 %. Das Auslandsgeschäft blieb weitgehend konstant.

Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, gibt die deutsche chemische Industrie 5,4 % ihres Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus - Tendenz steigend. Jährlich investitiert die Branche mehrere 100 Millionen Euro in integrierte und additive Umweltschutzmaßnahmen; Umweltbelastungen konnten dadurch deutlich reduziert werden.

Im Jahr 2002 haben die deutschen Chemieunternehmen nach ersten Schätzungen 7,1 Mrd. Euro für Investitionen ausgegeben, 2 % mehr als im Vorjahr. Die Investitionen im Ausland dürften diesen Betrag noch übersteigen. Schon seit vielen Jahren wachsen die Investitionen im Ausland schneller als im Inland, denn die Unternehmen müssen dort präsent sein, wo ihre Kunden sind. Die Chemie gehört zu den am stärksten globalisierten Branchen. Sie exportiert rund 60 % ihrer Produktion. Mit einem Direktinvestitionsbestand von 45 Mrd. Euro ist die Branche nach dem Fahrzeugbau der zweitgrößte industrielle Investor im Ausland.

Chemiewirtschaft in Europa und weltweit - Wachstum in Asien

Im Jahr 2001 wurden weltweit chemische Produkte im Wert von 1.878 Mrd. Euro hergestellt. Führende Region ist Asien mit einem Volumen von 586 Mrd. Euro, gefolgt von der Europäischen Union (519 Mrd. Euro) und Nordamerika (508 Mrd. Euro). Zusammen haben diese drei Regionen einen Weltmarktanteil von etwa 86 % an der gesamten chemischen Produktion. Mit einem Anteil von rund 28 % an der globalen Chemieproduktion ist die EU der zweitgrößte Hersteller chemischer Produkte. Sie sind weltweit führend beim Ex- und Import von Chemikalien mit einem Anteil am weltweiten Chemiehandel von mehr als 50 %.

Infolge der europäischen Integration konnte der Chemiehandel innerhalb Europas in den vergangenen Jahren sprunghaft gesteigert werden. In 2001 wurden innereuropäisch 42 % der Produkte ausgetauscht. Weitere 26 % gingen in Nicht-EU-Staaten, hauptsächlich nach Asien und in die USA. Dieser Anteil hat sich damit innerhalb von zehn Jahren nahezu verdoppelt.

Weltweit wird für das Jahr 2003 ein Wachstum der Chemieproduktion um 3,9 % erwartet gegenüber 2,7 % in 2002. Während in Europa mit einer Stabilisierung bei 3 % gerechnet wird, werden die größten Zuwachsraten (etwa 4,9 %) für Asien, speziell für China erwartet. Wichtige und sensible Faktoren werden dabei die Ausweitung des Welthandels, wirtschaftliche Aktivitäten sowie das allgemeine Geschäftsklima und die geopolitische Situation sein.

Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Innovationen

Schwierige Zeiten erfordern Veränderungen, Umbrüche und neue Ansätze, die von den sich wandelnden Randbedingungen bestimmt und getrieben werden. Überregulierung allenthalben, die verschärfte und bestenfalls partiell rationale Chemikalienpolitik der EU, die Überlegungen zum Handel mit Emissionsrechten, die Länder mit bereits hohem Umweltstandard benachteiligen, und andere Wettbewerbsverzerrungen zwingen in Europa beheimatete Chemieunternehmen zum Engagement auf neuen außereuropäischen Märkten und oft auch zu strukturellen Veränderungen durch weltweite Akquisitionen und Fusionen. Großen Migrationsprozessen sind längst nicht mehr nur viele Menschen unterworfen, sondern auch immer mehr Investitionen.

Wirtschaftliche und strukturelle Maßnahmen sind jedoch nur die eine Antwort auf die drängenden Probleme. Sie ermöglichen oft nur das kurz- und mittelfristige Überleben. Jede nachhaltige Sicherung der Zukunft eines Unternehmens erfordert eine weitere Antwort: die stetige und kreative Nutzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und daraus resultierender technischer Möglichkeiten. Hier vollzieht sich in der chemischen Industrie der hochindustrialisierten Länder ein entscheidender Wandel.

Die Triebkräfte von Innovationsketten verändern sich. Wirkten früher neue technische Möglichkeiten unmittelbar auf die Verbreiterung und Veränderung der Produktpalette und der Produktionsverfahren, so rücken heute viele neue Produkte näher an die Anwendungen, und die Bedürfnisse der Anwender definieren von Anfang an Art und Eigenschaftsprofile neuer Produkte, für deren Realisierung dann gezielt nach neuen technischen Lösungen gesucht wird. Vereinfacht und überspitzt gesagt: Früher entwickelte man neue Produkte und suchte dann nach geeigneten Anwendungen; heute definiert man neue oder verbesserte Anwendungen und entwickelt dafür gezielt neue Produkte. Dies verstärkt die Notwendigkeit einer engen und frühzeitigen Zusammenarbeit von Herstellern und Anwendern chemischer Produkte.

Innovationen schaffen Raum für Wachstum

Innovation ist die Basis für wirtschaftlichen Erfolg und Wachstum. Innovation bewegt sich jedoch immer im Spannungsfeld zwischen technologischen Entwicklungen, den Bedürfnissen des Markts und sozialem Anspruch. Keine dieser drei Komponenten macht alleine die Triebkraft heutiger Innovation aus, und nur wenn sie gleichberechtigt zusammenwirken, kommt Innovation voran.

Zu den wichtigsten Innovationsfeldern des 21. Jahrhunderts gehören die Biotechnologie, die Nanotechnologie, die Mikrotechnik, die Wasserstofftechnologie sowie die verstärkte Einbeziehung nachwachsender Rohstoffe. Dies alles sind Themen, die auch auf der ACHEMA 2003, die in Frankfurt am Main vom 19. bis 24. Mai für eine Woche ihre Tore öffnet, eine wichtige Rolle spielen werden.

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