AUSBLICK 2004: Chemie profitiert früher als andere von Konjunkturerholung

30.12.2003
FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach jahrelanger Stagnation wird der Konjunkturzug in Deutschland 2004 voraussichtlich anspringen und der Chemieindustrie aus Sicht von Branchenexperten den erforderlichen Wachstumsimpuls liefern. Auch die Entwicklung des Ölpreises und des Euro-Dollar-Kurses wird sich auf die Ergebnisse der Branche auswirken. Die Chemie wird früher als andere Branchen von einer wirtschaftlichen Erholung profitieren, sind sich die befragten Experten einig. Banken und Wirtschaftsinstitute rechnen 2004 nach Jahren der Stagnation in Deutschland mit einem moderaten Konjunkturaufschwung. Chemiekonzerne sind zwar mehr als andere Unternehmen von der Konjunkturentwicklung abhängig. Sie zählen aber Analysten zufolge bei einer Nachfragebelebung zu den ersten Profiteuren. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen in Deutschland 2004 nach drei Jahren Stagnation mit einem moderaten Wachstum. Mit einem Zuwachs von 1,7 Prozent bleibt nach Einschätzung der Institute in ihren Herbstgutachten jedoch ein kräftiger Aufschwung aus. Schließlich gehe ein Teil des Wachstums lediglich auf die höhere Zahl der Arbeitstage zurück. ALLMÄHLICHE NACHFRAGEBELEBUNG Seit Beginn des vierten Quartals 2003 zeichnet sich in der Chemiebranche eine allmähliche Nachfragebelebung ab. "Die Zahlen waren in Oktober und November gut. Dieser Trend dürfte sich auch im ersten Quartal fortsetzen", sagte Chemieexperte Dennis Nacken von HelabaTrust. Die WestLB verweist zudem auf den OECD-Frühindikator, der seit Mai steige und somit eine Trendwende gegen Ende 2003 in der Chemiebranche nahelege. In der Vergangenheit hatte der Indikator zuverlässig mit einem Vorlauf von etwa sechs Monaten Trendwenden in der europäischen Chemieproduktion angezeigt. Auch der Verband der Chemischen Industrie (VCI) blickt zumindest verhalten zuversichtlich in die Zukunft. Nach einem mageren Jahr 2003 erwartet der VCI, dass die Produktion 2004 wieder etwas an Fahrt gewinnt. Sie dürfte um etwa 1,5 Prozent zulegen - nach plus 0,5 Prozent 2003. Die Branche stützt dabei ihre Hoffnung trotz des starken Euro vor allem auf das Exportgeschäft. Der VCI-Präsident und BASF-Chef Jürgen Hambrecht schränkte aber ein: "Sollte der Eurokurs im Jahr 2004 allerdings erneut stark ansteigen, so wird sich dies spürbar auf die Umsätze und Erträge auswirken." Der Verband geht bei seiner Prognose von einem Euro-Wechselkurs von 1,15 bis 1,20 Dollar aus. ÖLPREIS WICHTIG Asien wird Analysten zufolge auch 2004 ein "Wachstumsmotor der Branche" bleiben. Die WestLB rechnet in dieser Region mit einer Absatzsteigerung von mehr als 10 Prozent. Die Absatzentwicklung werde in den USA zwar hinter Asien liegen, aber die von Europa - vor allem in der ersten Jahreshälfte - deutlich übertreffen. Neben der Konjunktur spielt auch der Ölpreis für die Ertragslage der Chemiek onzerne eine entscheidende Rolle. Hohe Rohöl-Notierungen drückten bereits 2003 auf die Margen. Die meisten Analysten rechnen für 2004 mit einem leicht rückläufigen Rohölpreis. Die Prognosen für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent liegen dabei zwischen 25 und 30 US-Dollar. Bisher ist ein deutlicher Rückgang aber ausgeblieben. Ein massiver Wintereinbruch in den USA hat Ende 2003 den Barrel-Preis zeitweise wieder über die Marke von 30 Dollar getrieben. BAYER-UMBAU IM FOKUS Auf den Kostendruck und die schleppende Konjunkturentwicklung der vergangenen Jahre hat die Branche mit Umstrukturierungen und Stellenabbau reagiert. Die Analysten von Sal. Oppenheim beurteilen den Umbau positiv und rechnen damit, dass sich die Maßnahmen positiv auf die Erträge in der Branche 2004 niederschlagen werden. Die Lage in den einzelnen Chemiesparten differiert nach Einschätzung des US-Investmenthauses Morgan Stanley unterdessen deutlich. Von einem Konjunkturaufschwung dürften die Hersteller chemischer Grundstoffe am ehesten profitieren. Die Spezialchemieunternehmen litten hingegen unter der starken Konkurrenz aus Asien und dem schwachen Dollar. BASF, Celanese Ciba UND ICI PROFITIEREN Die Branchenexperten von Merrill Lynch erwarten, dass vor allem BASF, Celanese, Ciba Spezialitaetenchemie AG und Imperial Chemical Industries (ICI) von einer höheren Nachfrage profitieren werden. "BASF kann als Hersteller von Zwischenprodukten schnell auf den Konjunkturzug aufspringen und die Preise erhöhen", sagte ein Analyst. Die Celanese AG wird voraussichtlich bis Ende März oder Anfang April von der US-Investmentgesellschaft Blackstone geschluckt. Beim Chemie- und Pharmakonzern Bayer stehen unterdessen die radikalen Umbaupläne im Mittelpunkt des Interesses. Erstmals in der Unternehmensgeschichte wird Bayer angesichts von Wertberichtigungen in Milliardenhöhe im Geschäftsjahr 2003 rote Zahlen schreiben. Bayer will sich im Rahmen einer grundlegenden Neuausrichtung unter anderem von seiner Chemiesparte und Teilen des Polymer-Geschäfts trennen. Bis Anfang 2005 sollen die unter dem Namen NewCo gebündelten Aktivitäten an die Börse gebracht werden.

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