Dass
Chrom ein essenzielles Spurenelement ist, das eine wichtige Rolle beim
Glucose- und Fettstoffwechsel spielt, ist eine weit verbreitete, aber
umstrittene Lehrmeinung über das Schwermetall in seiner dreiwertigen Form.
Sicher ist, dass Chrom in seiner fünf- und sechswertigen Form toxisch,
krebserregend und erbgutverändernd wirkt. Sind die in Mode gekommenen
"Schlankmacher" und Muskelaufbau fördernden
Nahrungsergänzungsmittel auf der
Basis von Chrom(III)-Verbindungen harmlos oder nicht? Auch wenn eine endgültige
Antwort noch aussteht, so sprechen neue Forschungsergebnisse doch dafür, dass
das Chrom(III) dieser Präparate im Körper zu krebserregendem Chrom(VI)
umgewandelt werden könnte.
Unbestritten ist, dass spezielle Komplexverbindungen von Chrom(III) eine
insulinverstärkende Wirkung zeigen. Daher sind sie neben ihrer weiten
Verbreitung als Nahrungsergänzungsmittel als potenzielle Diabetes-
Medikamente in
der Diskussion, auch wenn der Wirkmechanismus bisher nicht bekannt ist. In einem
durch das Australian Research Council geförderten Projekt haben Peter Lay, Irma
Mulyani und Aviva Leuvina nun einen neuartigen Erklärungsansatz erarbeitet.
Zunächst räumen sie mit der bisher gängigen Vorstellung auf, dass Chrom(III) im
Körper nicht zu Chrom(VI) umgewandelt werden kann. Unser Körper setzt,
beispielsweise bei Immunreaktionen, sehr starke Oxidationsmittel wie
Wasserstoffperoxid frei. Die Forscher zeigten, dass diese in der Lage sind,
Chrom(III) auch unter physiologischen Bedingungen zu oxidieren. "Vermutlich sind
es die entstehenden Chrom(VI)- und/ oder Chrom(V)-Spezies, die dann in den
Stoffwechsel eingreifen," erklärt Lay.
Wird
Insulin von der
Bauchspeicheldrüse freigesetzt, dockt es an einen Rezeptor
auf der Zelloberfläche an. Daraufhin wird eine Phosphatgruppe an den Rezeptor
angeknüpft und damit eine Signalkaskade ausgelöst, die der Zelle befiehlt,
glucose aus dem
Blut aufzunehmen. Ist kein Insulin mehr da, spaltet ein
bestimmtes Enzym, die Tyrosinphosphatase, die Phosphatgruppen wieder vom
Rezeptor ab, der ursprüngliche Zustand kehrt ein. An dieser Stelle nun, so die
Theorie der australischen Forscher, treten die Chrom(V)- und/oder
Chrom(VI)-Spezies auf den Plan: Diese hemmen die Tyrosinphosphatase und
verstärken damit die Wirkung des Insulins. Dagegen sind Chrom(III)-Spezies
selber keine Hemmstoffe der Tyrosinphosphatase.
Die Hemmung der Tyrosinphosphatase kann die zellulären Signalkaskaden aber
völlig durcheinander bringen und so zur bekannten - auch in dem Film "Erin
Brokowitch" anschaulich dargestellten - krebserregenden Wirkung von Chrom(VI)
beitragen. "Im Lichte unserer neuen Erkenntnisse," betont Lay, "sollte die
Sicherheit von Chrom(III)-Präparaten als Nahrungsergänzung oder
Therapeutika
noch einmal sehr genau untersucht werden - insbesondere für Menschen, die große
Mengen dieser Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, wie manche Leistungssportler."