Quantitative Fluoreszenzmikroskopie per Knopfdruck
Wissenschaftler aus Göttingen entwickeln neue Methoden zur quantitativen Analyse molekularer Prozesse
Ein großes Problem bei der Ermittlung quantitativer Daten aus Fluoreszenzfärbungen bereitet die so genannte Hintergrundfärbung. Fluoreszenzfarbstoff, der unspezifisch am Gewebe bindet, oder Reflexionen in der Optik können dazu beitragen, dass auch dort ein Fluoreszenzsignal gemessen wird, wo die zu untersuchenden Moleküle gar nicht vorhanden sind. Zusätzlich wird die quantitative Bestimmung des Signals durch "Rauschen" gestört. Ursache für das "Rauschen" sind Unregelmäßigkeiten im Fluoreszenzsignal und im Verstärker. Gemeinhin versuchen Wissenschaftler das Hintergrundsignal abzuschätzen, indem sie die Fluoreszenz in einem Bereich des Gewebes messen, der aufgrund theoretischer Überlegungen kein spezifisches Signal haben dürfte. Diese Methode ist aber nicht nur mühsam, sie ist auch recht ungenau.
Prof. Schild und sein Mitarbeiter Chen suchten daher einen anderen Weg zur Hintergrundbestimmung, der nicht von Messungen in benachbarten Regionen abhängig ist. Sie nutzten diese Methode, um die Veränderung der Kalziumionenkonzentration in Nervenzellen genau zu bestimmen. Die Kalziumionenkonzentration, und damit das spezifische Signal, verändern sich mit der Aktivität der Zelle, das Hintergrundsignal hingegen nicht. "Diese Zeitinformation in den Fluoreszenzen haben wir genutzt, um dadurch den Hintergrund herauszurechnen", erläutert Schild.
Gemessen wird die Fluoreszenz an verschiedenen Punkten in einer "region of interest" (ROI), dem Bereich einer Zelle oder eines Gewebes, dessen Kalziumhaushalt der Forscher ermitteln möchte. Die genauen Werte sind an den verschiedenen Messpunkten in der ROI in der Regel unterschiedlich, weil das Mikroskop ein zweidimensionales Bild einer dreidimensionalen Struktur liefert. Diese Unterschiede werden von der neuen Methode ausgenutzt.
"Im Gegensatz zu den absoluten Werten ist aber die Dynamik, mit der sich das spezifische Signal an unterschiedlichen Messpunkten verändert, gleich. Die ROI muss aufgrund theoretischer Überlegungen so gewählt sein, dass diese Voraussetzung gegeben ist", erklärt Schilds Mitarbeiter Chen. So ließe sich dann anhand der zeitlichen Veränderung der Fluoreszenz an verschiedenen Messpunkten sowohl das Hintergrundsignal als auch das Rauschen herausrechnen.
"Die Methode wird eine breite Anwendung finden", ist Prof. Schild uberzeugt. "Um eine genaue Vorstellung davon zu gewinnen, wie eine Zelle Signale interpretiert oder mit welchen Mechanismen Zellen miteinander kommunizieren, ist die Quantifizierung molekularer Daten unerlässlich. Mit der Methode, die Chen und Schild entwickelt haben, lassen sich quantitative Daten nicht nur sehr genau, sondern auch sehr schnell bestimmen. Mikroskophersteller können unsere Methode nun so in ihre Software einbauen, dass der Hintergrund automatisch per Knopfdruck abgezogen wird", so Schild.
Originalveröffentlichung: T.-W. Chen, B.-J. Lin, E. Brunner, D. Schild, "In-situ background estimation in quantitative fluorescence imaging."; Biophysics Journal 2006, 90(7):2534-47.
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