Neue Reaktion macht unmögliche Moleküle möglich

Wissenschaftler synthetisieren erstmals chirale Amine mit Stickstoff-Zentrum

26.11.2025
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Symbolbild

Ein Forschungsteam aus der Arbeitsgruppe von Prof. Benjamin List hat eine neuartige Reaktion entwickelt, die die Synthese stabiler, offenkettiger Amine mit Stickstoff-Chiralität ermöglicht. 

Ein Forschungsteam aus der Abteilung von Prof. Benjamin List am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung hat ein seit Langem ungelöstes Rätsel der Chemie gelöst: die Synthese stabiler, offenkettiger Amine, die ihre Chiralität auf Stickstoff tragen. Das ist eine Premiere, die durch eine neu entwickelte katalytische Reaktion und einen präzise konstruierten, stark begrenzten Katalysator ermöglicht wurde. Die Arbeit der Mülheimer Forscher ist grundlegend und eröffnet neue Wege für Wirkstoffe, Katalysatoren und Materialien.

Viele Moleküle existieren als unterschiedliche Spiegelbildformen. Bei kohlenstoffbasierten Molekülen ist aufgrund ihrer Relevanz für Biologie und Medizin die selektive Herstellung einer der beiden Formen mittlerweile ein etabliertes Gebiet der Chemie. Wenn die Chiralität jedoch auf Stickstoff statt auf Kohlenstoff basiert, wird die gezielte Synthese einer der beiden Formen sehr schwierig. Bislang war man davon ausgegangen, dass sie für offenkettige Amine unmöglich sei, da sich das Stickstoffatom wie ein Regenschirm umklappen kann und dabei die chirale Reinheit verliert.

Die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Studie der Mülheimer zeigt nun, dass sich das Stickstoffatom viel langsamer umklappt, wenn zwei sauerstoffhaltige Gruppen ans Stickstoffatom andocken. In Kombination mit einer neu entwickelten Reaktion – der Zugabe eines sogenannten Enolsilans zu einem Nitroniumion und einem eng begrenzten chiralen Katalysator – gelang es den Forschern, enantiomerenreine Produkte zu erhalten. Die Verwendung von Säuren als Katalysatoren ist dabei eine Spezialität der List-Gruppe.

„Lange Zeit glaubte man, dass stickstoffstereogene Amine mit offenen Ketten nicht hergestellt werden können“, erklärt Dr. Chandra De, einer der führenden Köpfe des Forschungsteams und Mitautor der Studie. „Wir zeigen, dass es doch möglich ist – wenn man den Stickstoff ‚immobilisiert‘ und die Reaktion in eine enge, maßgeschneiderte Tasche zwingt.“

Diese kontrollierte, gezielte Herstellung von N-stereogenen, offenkettigen Aminen galt als besonders schwierig. Der nun demonstrierte katalytische Ansatz macht solche Moleküle zugänglich und bietet eine hohe Selektivität. Das Prinzip – ein enger, enzymähnlicher Katalysatorraum plus gezielte Substituentenauswahl – könnte in Zukunft auf andere pyramidenförmige Moleküle übertragen werden.

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