Weniger Chemikalien bei der Badewannenproduktion

DBU-Projekt verringert Chemikalieneinsatz und Energieaufwand bei Sanitäranlagen-Produktion

12.02.2015 - Deutschland

Sie sind in vielen Badezimmern zu finden und stark nachgefragt: Jährlich werden in Europa rund drei Millionen Dusch- und Badewannen aus Kunststoff bzw. Acryl produziert. „Den meisten Menschen ist sicher nicht bewusst, dass für die Produktion der Sanitäranlagen ihrer Badezimmer sehr viel Energie gebraucht wird und umwelt- und gesundheitsschädliche Chemikalien wie Styrol und Aceton eingesetzt werden“, sagt Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Mit finanzieller und fachlicher Unterstützung der DBU ist es der Firma Formatherm Kunststoff aus Mudau (Baden-Württemberg) jetzt gelungen, in einem stromsparenden und emissionsreduzierten Verfahren den Styrolanteil von 45 auf 26 Prozent und den Acetonverbrauch um 33 Prozent zu senken. Erste Produkte seien bereits am Markt verfügbar. „Es ist ein beispielhaftes Ergebnis, wenn eine neue Technologie den Energieverbrauch senkt und gleichzeitig die Emissionen gesundheitsschädlicher Chemikalien verringert“, sagt Bottermann.

„Bisher wurden die Sanitärprodukte wie Bade- und Duschwannen mit dem sogenannten Vakuum-Tiefziehverfahren hergestellt, das mit rund 35 Kilowattstunden pro Objekt sehr viel Energie verbraucht hat. Dieser Verbrauch kann mit dem neuen Verfahren komplett eingespart werden. Im bisherigen Verfahrensschritt wurden die Schalen der Wannen aus einer durchgefärbten Acrylplatte geformt. Im zweiten Schritt sind diese Wannen mit einem glasfaserverstärktem Polyesterharz beschichtet worden. Diese Beschichtung dient als zusätzliche Verstärkung des Wannenkörpers“, erklärt Dieter Bubeck, Projektleiter und Geschäftsführer von Formatherm.

Das große Problem sei neben dem hohen Energieverbrauch der Einsatz von umwelt- und gesundheitsschädlichem Styrol als Reaktivverdünner, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Es sei bislang verwendet worden, damit das Harz dünnflüssiger wird, um besser verarbeitet werden zu können. Bubeck: „Während der Verarbeitung werden Styroldämpfe freigesetzt, die es uns zunehmend erschweren, die vorgeschriebenen Grenzwerte am Arbeitsplatz einzuhalten.“ Formatherm habe mit dem neuen Verfahren Alternativen zum Styrol entwickelt, um die Mitarbeiter am Arbeitsplatz besser zu schützen. Ein zweites Umwelt- und Gesundheitsproblem, dessen Lösung sich Formatherm vorgenommen habe, sei die Verwendung des Lösungsmittels Aceton zum Reinigen der Fertigungsanlagen. Das Aceton verdampfe und könne durch seinen stechenden Geruch zu Belastungen am Arbeitsplatz führen, etwa zu Kopfschmerzen, Allergien und Reizungen der Atemwege.

Bubeck: „Mit der neu entwickelten Technologie wird im ersten Schritt eine Form mit einem sogenannten Gelcoat (Hartlack) beschichtet, das später die Sichtseite des Produktes darstellt. Danach wird diese Gelcoatschicht mit einem glasfaserverstärkten Polyesterharz, das bereits styrolreduziert ist, verstärkt. Nach dem Entformen entsteht mit diesem Verfahren ein Endprodukt, das energie- und umweltfreundlicher hergestellt wurde.“ Das bringe nicht nur technologische Vorteile wie günstige Werkzeugkosten, mehr Designmöglichkeiten und eine unbegrenzte Farbenvielfalt, sondern das teure und energieintensive Tiefziehverfahren könne vollständig ersetzt und ein deutlich geringerer Styrol- und Acetonanteil erreicht werden.

DBU-Referent für umwelt- und gesundheitsfreundliche Verfahren und Produkte, Dr. Michael Schwake, stellt den innovativen und modellhaften Charakter der neuen Fertigungstechnik heraus: „Formatherm ist es gemeinsam mit der Oldenburger Firma BÜFA Gelcoat Plus gelungen, mit dem Entwickeln styrolreduzierter Gelcoats bzw. Polyesterharze und einer angepassten Aufbringungstechnik eine komplett neue Verfahrenstechnologie zu etablieren, die auch auf viele andere Anwendungen etwa im Bootsbau oder auf die Fertigung von Automobil- und Flugzeugzubehör übertragen werden kann. Damit erfüllt das Projekt in hohem Maße die Kriterien des produktionsintegrierten Umweltschutzes.“ Darauf aufbauend forsche Formatherm derzeit mit einer weiteren DBU-Förderung von über 240.000 Euro an der Weiterentwicklung der neuen Technologie. Dabei soll unter Beachtung sehr hoher Qualitätsanforderungen der Styrolanteil weiter gesenkt werden, um im Endergebnis möglichst eine styrolfreie Harzrezeptur zu erhalten.

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