EU-Kommission ändert Chemie-Richtlinie - Umweltschützer warnen

26.09.2003
Brüssel (dpa) - Bei der umstrittenen Chemikalien-Richtlinie der EU-Kommission zeichnen sich wesentliche Änderungen im Sinne der Industrie ab. Entsprechende Forderungen der Regierungen von Deutschland, Frankreich und Großbritannien sollten bei der anstehenden Entscheidung der Kommission berücksichtigt werden, sagte ein Sprecher von EU-Industriekommissar Erkki Liikanen am Donnerstag in Brüssel. Umweltschützer warnten unterdessen, der Schutz für Verbraucher und Industriearbeiter drohe auf der Strecke zu bleiben. Die Richtlinie soll den Umgang mit gefährlichen Chemikalien regeln. Liikanens Sprecher Per Haugaard ging zwar nicht auf den Inhalt der möglichen Änderungen ein. Er betonte aber, die Brüsseler Behörde werde einen gemeinsamen Brief von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac und dem britischen Premierministers Tony Blair an Kommissionspräsident Romano Prodi in ihre Entscheidungsfindung Ende Oktober einbeziehen. In dem Brief hatten sich die drei Partner gegen übermäßige Lasten für die Industrie und für eine unabhängige Folgenabschätzung ausgesprochen. Umweltschutz-Organisationen schlugen am Donnerstag Alarm. «Je länger die EU-Kommission sich mit diesem Vorschlag beschäftigt, umso mehr werden die Regelungen verwässert», sagte Michael Warhurst vom World Wide Fund for Nature (WWF). Die Kommission wolle der Industrie eine Reihe von Zugeständnissen bei den geplanten Vorschriften machen. Nach massiven Protesten der Industrie ist die Kommission nach Angaben der Umweltschützer bereit, alle Chemikalien unter einer jährlichen Produktionsmenge von zehn Tonnen von der Regelung auszunehmen. Statt 30 000 müssten nur noch 10 000 Stoffe geprüft werden. Chemikalien aus Verbraucherprodukten würden ebenfalls ausgenommen. «Der neue Vorschlag wird der Industrie erlauben, ungeprüfte Stoffe zu nutzen, die sich in der Muttermilch ansammeln, die Fruchtbarkeit reduzieren und Allergien hervorrufen», sagte Jorgo Iwasaki Riss von Greenpeace. Er kritisierte zudem, dass den Firmen Anonymität bei der Registrierung versprochen werde. Kommissar Liikanen hatte nach Angaben von Teilnehmern bereits am Montag im EU-Ministerrat erklärt, dass Formalien der geplanten EU-Richtlinie im Sinne der chemischen Industrie abgebaut werden müssten. Liikanen habe «schon sehr deutlich gemacht, wo die Kommission reagieren muss», sagte Staatssekretär Georg-Wilhelm Adamowitsch vom Bundeswirtschaftsministerium nach der Sitzung. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) befürchtet den Verlust von 1,7 Millionen Industrie-Arbeitsplätzen in Deutschland, wenn wie bisher geplant erstmals alle Chemikalien in der EU erfasst und auf Gefahr für Mensch und Umwelt getestet werden müssen.

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