Bonner Chemiker haben das Rad neu erfunden

06.07.2007

Die größten molekularen Speichenräder der Welt sind trotz ihrer objektiven Winzigkeit für die Chemiker der Universität Bonn wahre Giganten. Ein Jahr hat es gedauert, bis sie ihre nur wenige Nanometer großen Räder synthetisiert hatten. Für Nicht-Chemiker sind sie ultrakleine Objekte - für Chemiker aber formstabile Riesenmoleküle auf Kohlenwasserstoffbasis, von denen sie bisher nur träumen konnten. Mit ihrem Werk betritt die Bonner Gruppe Neuland im Bereich der Nanotechnologie und Verbundwerkstoffe. Vielleicht finden sich molekulare Speichenräder bald in Kunststoffen mit neuen Eigenschaften wieder.

"Deutlich ist hier die sechszählige Symmetrie zu erkennen", beschreibt Professor Dr. Sigurd Höger das Molekül und deutet auf die Abbildung, auf der die ringförmige Struktur des molekularen Rades mitsamt seinen sechs Speichen zu sehen ist. "Mit der Synthese ist es uns gelungen, in einen Größenbereich vorzustoßen, der für molekulare Räder auf Kohlenstoffbasis bisher nicht beschrieben wurde", erklärt er weiter. Dabei ist das neu synthetisierte Molekül nicht nur von seinem Aufbau exakt definiert, sondern auch noch besonders formstabil - eben genau wie ein richtiges Rad. Würde man wirklich "Haarspalterei" betreiben und ein menschliches Haar in 10.000 Teile spalten, hätte jedes einzelne den Durchmesser eines molekularen Speichenrades.

Ein Jahr arbeiteten die Forscher an der Entwicklung des "Kochrezepts", bis sich herausgestellt hatte, wie ein echtes, stabiles Rad dieser Größe synthetisiert werden konnte. Heute ist die Synthese einfach zu reproduzieren. Der Schlüssel dazu liegt im speziellen Aufbau der Vorläufermoleküle: Die spätere Radachse dient als Schablone und Bauteil in einem - ein Höchstmaß an Effizienz.

Vergleichbar ist das Molekül mit dem künstlichen, wenige Nanometer großen Tonplättchen Laponit, das zurzeit wie auch andere schichtförmige Tonerden als Zusatz zu Farben, in der keramischen Industrie und als Beimischung zu Kunststoffen Verwendung findet. Dadurch erhalten die Kunststoffprodukte Eigenschaften, die von Mischungstemperatur und Reinheit der Tonerden abhängen.

Die Vorteile von synthetischen gegenüber natürlichen Tonerden liegen dabei auf der Hand: Wegen ihrer hohen Reinheit und der gut definierten Partikelgröße eignen sie sich besser, um genau die gewünschten Produkte herzustellen. Der Ansatz der Bonner Forscher erlaubt es, die Räder größer oder kleiner zu machen und ihre Eigenschaften fast nach Belieben zu verändern. "Auf dem Weg zu größeren formstabilen Partikeln sind in Zukunft auch zweidimensionale Spinnennetzstrukturen denkbar", sagt Höger.

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