München (
dpa) - Die weltweite Konjunkturflaute macht die Erfinder nicht müde. In diesem Jahr werde die Zahl der
Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt voraussichtlich um mehr als 10 Prozent auf die Rekordzahl von rund 180 000 steigen, berichtete der Präsident des Europäischen Patentamts, Ingo Kober, am Donnerstag in München. Rund zwei Drittel der Anmeldungen kämen von großen Unternehmen. Der Rest der Anträge werde von Einzelerfindern und kleineren Unternehmen eingereicht.
Im vergangenen Jahr hatten Tüftler und Bastler knapp 160 000 Anträge auf
Patentschutz gestellt, dies entsprach einem Zuwachs von rund neun Prozent. Damit hatte sich die Steigerungsrate gegenüber dem Boomjahr 2000 allerdings abgeschwächt. Die meisten Patentanmeldungen registrierte das Amt in der elektronischen Nachrichtentechnik, in der
Medizintechnik und bei elektronischen Bauteilen. Die fleißigsten Erfinder waren mit knapp 20 Prozent der Anträge wieder in
Deutschland. Danach folgten mit großem Abstand
Frankreich (6,2 Prozent) und Großbritannien (4,4 Prozent). Außerhalb Europas kamen die meisten Anmeldungen aus den USA (27,7 Prozent).
Die Motive der Anmelder haben sich nach Worten von Kober in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend geändert. Während früher ein Tüftler seine Erfindung schützen lassen wollte, seien es heute vor allem Unternehmen, die ihren Wert und ihr Ansehen durch möglichst viele
Patente steigern wollten. «Die wollen damit ihre Konkurrenten einschüchtern», sagte Kober.
In diesem Jahr will die Behörde mehr als 40 000
Patente erteilen. «Das ist die höchste Zahl in der Geschichte des Amtes», sagte Kober. Vom Antrag bis zur Erteilung eines
patents müssen die Erfinder derzeit rund 51 Monate warten, etwa zwei Monate länger als ein Jahr zuvor. In den kommenden Jahren sollen die Rückstände aber weiter abgebaut werden, kündigte Kober an. Dazu solle die Zahl der Beschäftigten beim Europäischen Patentamt mittelfristig um rund 20 Prozent auf 6000 Mitarbeiter steigen.
Im Streit um das europäische Gemeinschaftspatent ist nach Ansicht von Kober keine rasche Einigung in Sicht. «Es ist nicht ganz klar, ob und wann ein europäisches Gemeinschaftpatent entstehen wird», sagte er. Die EU-Staaten streiten bereits seit mehr als zwei Jahren über eine Patent-Lösung, die die Anmeldung und den Schutz von Erfindungen einfacher und billiger machen soll.
Derzeit kostet ein durchschnittliches Patent mit einer Laufzeit von zehn Jahren Gültigkeit in acht Staaten rund 30 000 Euro. Kober stellte aber eine weitere Preissenkung in Aussicht. Zur genauen Höhe äußerte er sich nicht. Von Juli an gelten europäische Patente auch in
Bulgarien,
Estland, der Tschechischen Republik und der Slowakei.