Ein Glas, das Kohlendioxid siebt

Forschungsgruppe entwickelt ein Glasmaterial, das Gase präzise voneinander trennt

27.12.2023
Jens Meyer (University of Jena)

Oksana Smirnova (l.) und Dr. Alexander Knebel (r.) von der Uni Jena haben neuartige Hybridgläser entwickelt.

Um Kohlendioxid-Moleküle aus Gasgemischen abzutrennen, braucht es Materialen mit äußerst feinen Poren. Eine Möglichkeit dafür haben nun Forschende der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Kooperation mit der Universität Leipzig und Universität Wien gefunden: Sie wandelten kristalline metall-organische Gerüstverbindungen in Glas um. Dabei gelang es ihnen, die Poren des Materials so zu verkleinern, dass sie für bestimmte Gasmoleküle undurchlässig werden. Das berichten sie im Fachmagazin „Nature Materials“.

Jens Meyer (University of Jena)

Das Hybridglas auf Basis metall-organischer Netzwerke eignet sich zur Gastrennung.

Komprimierte Metall-Organische Gerüste

„Eigentlich galten diese glasartigen Materialen bislang als unporös“, erklärt Dr. Alexander Knebel vom Otto-Schott-Institut der Universität Jena, der diese Arbeit geleitet hat. Er erläutert: „Das Ausgangsmaterial, also die kristallinen Gerüstverbindungen, besitzen sehr klar definierte Poren und auch eine große innere Oberfläche. Daher werden sie auch als Materialien erforscht, um Gase zu speichern oder zu trennen. Genau diese definierte Struktur geht beim Schmelzen und Komprimieren jedoch verloren. Und das haben wir ausgenutzt.“

„Metallorganische Gerüstverbindungen bestehen aus Metall-Ionen, die durch starre, organische Moleküle miteinander verbunden sind“, beschreibt der Nachwuchsgruppenleiter das Material. „In den Zwischenräumen dieser dreidimensionalen, regelmäßigen Gitter können sich Gasmoleküle leicht bewegen. Während der Glas-Prozessierung haben wir das Material komprimiert. Vereinfacht gesagt, konnten wir die Poren auf die gewünschte Größe zusammendrücken“, veranschaulicht er.

Geordnete Unordnung

Auch wenn die Gesamtstruktur des Kristalls beim Schmelzen verschwindet – Teile des Kristalls bleiben in ihrer Struktur erhalten „Fachlich gesprochen heißt das: Beim Übergang vom Kristall zum Glas geht die Fern-Ordnung des Materials verloren, aber die Nah-Ordnung bleibt erhalten“, erläutert Knebel. Oksana Smirnova, Doktorandin an der Universität Jena und die Erstautorin der Arbeit, ergänzt: „Wenn wir nun dieses Material schmelzen und komprimieren, verändern sich auch die porösen Zwischenräume.“ So entstehen Kanäle mit Verengungen – oder sogar auch Sackgassen – und in der Folge passen manche Gase schlicht einfach nicht mehr hindurch.

Auf diese Weise erzielte die Gruppe in dem Material Porendurchmesser von 0,27 bis 0,32 Nanometern, und zwar mit einer Genauigkeit von einem hundertstel Nanometer. „Zur Veranschaulichung: Das ist etwa zehntausendmal dünner als ein menschliches Haar und hundertmal dünner als eine DNA-Doppelhelix. Mit dieser Porengröße konnten wir beispielsweise Kohlendioxid von Ethan trennen“, erklärt Knebel. „Unser Durchbruch auf dem Gebiet ist wohl die hohe Qualität der Gläser und die präzisen Einstellbarkeit der Porenkanäle“, ordnet Knebel die Arbeit ein. „Und unsere Gläser sind dazu auch noch mehrere Zentimeter groß“, fügt er hinzu.

„Ein Ziel dieser Arbeit ist, eine Glas-Membran für Umweltanwendungen zu entwickeln. Denn Kohlendioxid aus Gasen abzutrennen, ist zweifelsfrei eine der großen technologischen Herausforderungen unserer Gegenwart“ sagt Knebel. „Gerade deshalb bin ich auch dankbar über die Förderung dieser Arbeit durch das Durchbrüche-Programm der Carl-Zeiss-Stiftung – und über den großartigen Einsatz meiner Doktorandin Oksana Smirnova, die maßgeblich zum Erfolg dieser Arbeit beigetragen hat.“

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