Wie gefährlich ist die Kohlendioxid-Speicherung im Meeresboden?

26.05.2011 - Deutschland

Unter der Leitung des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) startet jetzt das von der Europäischen Union (EU) geförderte Projekt ECO2. 27 Partnerinstitute aus neun Nationen untersuchen in den kommenden vier Jahren die Umweltauswirkungen der Lagerung von Kohlendioxid (CO2) im Meeresboden. Dazu werden die bereits in der Nordsee und Barentssee existierenden CO2-Speicher und natürliche Quellen am Meeresboden erforscht, um die Sicherheit der Speicher und die Auswirkungen von CO2-Austritten auf die marine Lebewelt zu bewerten.

Miriam Weber, HYDRA

Messgeräte im Mittelmeer.

Die Abscheidung von Kohlendioxid (CO2) an Kraftwerken und Industrieanlagen und die CO2-Speicherung im Untergrund (CCS, Carbon Dioxide Capture and Storage) gilt aus Sicht der Europäischen Union (EU) als wichtige Technologie zur Vermeidung von klimaschädlichen CO2- Emissionen. Um zu ermitteln, wie sicher Kohlendioxid-Speicher im Meeresboden sind, wie sie sich überwachen lassen und welche Folgen Lecks für das Leben im Meer hätten, stellt die EU im Rahmen des ECO2 Projekts 10,5 Millionen Euro zur Verfügung. Die Leitung des internationalen Projekts hat Prof. Dr. Klaus Wallmann, Geowissenschaftler am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR), übernommen. Von Kiel aus wird nicht nur die Arbeit der Wissenschaftler, sondern auch die Kooperation mit Vertretern von Umweltorganisationen, der EU-Administration und der Wirtschaft gesteuert.

„Die EU unterstützt CO2-Demonstrationsprojekte mit mehreren Milliarden Euro, um die CCS-Technologie zur Marktreife zu bringen. Bei einem Großteil der geförderten Projekte soll das anfallende CO2 im Meeresboden eingelagert werden“, erklärt Wallmann. „Wir halten es für äußert wichtig, die Chancen und Risiken, die sich durch die Speicherung im Meeresboden ergeben, genau zu analysieren.“

Die rund 100 Geologen, Biologen, Chemiker, Rechts- Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler aus neun europäischen Ländern werden die CO2-Speicherung im Meeresboden in einem multi-disziplinären Ansatz umfassend untersuchen. Nach vier Jahren werden sie eine Risikoanalyse und Leitlinien für den sicheren Betrieb und die Überwachung vorlegen. Dafür untersuchen die Wissenschaftler die beiden bereits existierenden norwegischen Offshore-Speicher Sleipner und Snøhvit sowie das B3-Feld in der polnischen Ostsee, das möglicherweise für die CO2-Speicherung genutzt werden soll. „Wir werden überprüfen, ob und wie viel Gas an diesen Stellen austritt, wie es durch die Schichten des Meeresbodens und durchs Wasser transportiert wird und welche Reaktionen dabei ablaufen“, kündigt Wallmann an. Vergleichsdaten zu den industriell betriebenen Speichern liefern natürliche Kohlendioxid-Quellen in Italien (Panarea), Japan (Okinawa-Trog), Deutschland (Salzdom Juist) und Norwegen (Jan Mayen). Aus den verschiedenen Geräten, die für die Messungen verwendet werden, wollen Wissenschaftler und Techniker später diejenigen auswählen, mit denen sich Speicher am besten überwachen lassen. So kommen beispielweise hydroakustische Geräte und chemische Sensoren zum Einsatz.

„Um zu ermitteln, wie gefährlich die CO2-Speicherung im Meeresboden für marine Ökosysteme ist, müssen wir herausfinden, ob es zu Leckagen kommen kann und wie Organismen am Meeresboden und in der Wassersäule auf erhöhte CO2-Werte reagieren“, so Wallmann. „Darum werden wir die Lebewelten rund um die natürlichen Quellen und die CO2-Speicher detailliert untersuchen.“ Studien zeigen bereits, dass vor allem die oberen Wasserschichten in den kommenden Jahrzehnten verstärkt CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Dadurch sinkt der pH-Wert des Wassers. Es wird saurer und damit gefährlich für Lebewesen, die ihre Schalen und Skelette aus Kalk aufbauen. Wallmann: „Diese Mengen können durch die CO2-Speicherung im Meeresboden verringert werden. Sollten jedoch Lecks entstehen, könnten diese dann vor allem das Leben am Boden gefährden. Im ECO2-Projekt wollen wir herausbekommen, ob die Belastung der Ökosysteme im Meer durch die CCS-Technik und die CO2-Einlagerung im Meeresboden verringert oder erhöht wird.“

Neben geologischen und biologischen Fragestellungen setzen sich die Wissenschaftler auch mit der öffentlichen Wahrnehmung von CCS auseinander. Eine eigene Arbeitsgruppe studiert die Reaktion der Bevölkerung auf Speicher-Projekte. „Für eine weitere, breite gesellschaftliche Verankerung unserer Arbeit sorgt die Zusammenarbeit mit Umweltorganisationen, EU-Administration und den Betreibern der CO2-Speicher“, erklärt Wallmann. „Die ersten Expeditionen werden wir bereits im Frühjahr und Sommer 2011 in der Nordsee und der Barentssee durchführen. Sie werden aufschlussreiche Ergebnisse zur Sicherheit dieser Speicher liefern.“

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