Wie stark drehen wichtige Förderländer den Ölhahn zu?

17.01.2017 - Österreich

(dpa-AFX) Wird das Ölkartell Opec gemeinsam mit anderen wichtigen Förderländern den Ölhahn wie angekündigt ein Stück weit zudrehen oder nicht? Das ist die Frage, die unter Experten derzeit eifrig diskutiert wird und die am Ölmarkt zuletzt heftige Preissprünge auslöste. Nach einer vereinbarten Förderkürzung im vergangenen Dezember versichern zahlreiche Ölstaaten inzwischen, dass sie ihre Fördermengen wie abgesprochen kürzen. Experten zweifeln aber noch an der Umsetzung und sprechen von "Lippenbekenntnissen".

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In einem historischen Schulterschluss haben die Opec und zahlreiche andere Förderstaaten Ende 2016 eine Kürzung der täglichen Ölproduktion um insgesamt fast 1,8 Millionen Barrel (je 159 Liter) beschlossen, die ab Januar in Kraft tritt und ein halbes Jahr gelten soll. Den Löwenanteil tragen Mitgliedsstaaten der Opec. Das Ölkartell will die Tagesförderung um 1,2 Millionen Barrel auf 32,5 Millionen Fass reduzieren. Mit der Produktionskürzung wollen die Förderländer den Ölpreis stützen, der zuletzt über die Marke von 50 US-Dollar je Barrel gestiegen ist.

Zahlreiche Förderländer haben seit Beginn des Jahres versichert, den Ölhahn wie versprochen zuzudrehen. In der Vergangenheit hatte sich aber mehrfach gezeigt, dass es bei den Produktionsmengen einen Unterschied gibt zwischen dem, was Opec-Staaten öffentlich verlautbaren, und dem, was sie tatsächlich umsetzen. In diesem Zusammenhang wird von Fachleuten auch kritisiert, dass der Opec kaum Sanktionsmaßnahmen zur Verfügung stehen, falls sich Mitgliedsstaaten nicht an getroffene Vereinbarungen halten.

Besonders weit ist Saudi-Arabien nach eigenen Angaben zu Beginn des Jahres vorgeprescht. Das wichtigste Opec-Land sieht sich in einer Art Vorbildfunktion bei der vereinbarten Förderkürzung zur Stabilisierung der Ölpreise. Der saudische Ölminister Khalid Al-Falih erklärte vor Journalisten, sein Land habe die Ölproduktion sogar stärker als vereinbart gesenkt. Als Ziel wurde eine Fördermenge knapp über der Marke von zehn Millionen Barrel pro Tag vereinbart. Al-Falih versicherte aber, dass die tägliche Produktion bereits jetzt unter 10 Millionen Barrel gesunken sei.

Eine weitere konkrete Förderkürzung wurde aus dem Opec-Land Irak gemeldet. Mit Beginn des neuen Jahres sei die Produktion um 160.000 Barrel pro Tag gedrosselt worden, hieß es. Dies ist aber nur ein Teil der versprochenen Drosselung um 210.000 Barrel pro Tag, die aber laut Regierungsangaben bis Ende des Monats erreicht werden soll.

Und es gibt weitere Einschränkungen: So geht Kuweits Ölminister Essam Al-Marzouk nicht davon aus, dass die von den beteiligten Staaten angekündigte Reduzierung der Fördermenge sofort komplett umgesetzt wird. Vielmehr handele es sich um einen Prozess, der Stück für Stück realisiert werde.

Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank liefert einen ersten Überblick: "Laut bisheriger Verlautbarungen seitens der Opec und einiger Nicht-Opec-Produzenten belaufen sich die bereits umgesetzten Produktionskürzungen auf 1,14 Millionen Barrel pro Tag." Selbst wenn die bisherigen Angaben zutreffend sind, läge die Kürzung noch deutlich unter dem vereinbarten Volumen, moniert Fritsch.

Insgesamt bewertet der Experte die jüngsten Aussagen zu den bereits umgesetzten Förderkürzungen zurückhaltend. Er zeigte sich skeptisch und sieht in den Stellungnahmen aus den Reihen der Förderländer vorerst nicht mehr als Lippenbekenntnisse: "Überprüfen lassen sich diese Angaben noch nicht."

Die harten Fakten zu den tatsächlichen Produktionsmengen lassen noch auf sich warten. Erst Ende Januar oder spätestens Anfang Februar wird der Schleier gelüftet. Dann werden erste unabhängige Schätzungen veröffentlicht. Diese gelten am Ölmarkt als uneingeschränkt glaubwürdige Aussage zur tatsächlichen Fördermenge in den Opec-Staaten.

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