Deutsches Plasmakristall-Experiment auf dem Weg zur Raumstation

01.03.2001

Voraussichtlich am 3. März beginnt die wissenschaftliche Grundlagenforschung auf der Internationalen Raumstation (ISS). Als erste Versuchseinrichtung soll an diesem Tag das vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching/München, gemeinsam mit der Russischen Akademie der Wissenschaften, Moskau, entwickelte Plasmakristall-Experiment den Betrieb aufnehmen.

Zurzeit befindet sich die ungefähr 100 Kilogramm schwere Versuchsanlage des Garchinger Max-Planck-Instituts zusammen mit 2,5 Tonnen Lebensmitteln und Sauerstoff an Bord des unbemannten russischen Raumtransporters "Progress M-44". Er ist am 26. Februar (heute) vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan erfolgreich gestartet und soll am 28. Februar an die Raumstation andocken.

Nach der Installation im Servicemodul "Swesda" der Internationalen Raumstation werden die beiden russischen Kosmonauten Juri Gidzenko und Sergej Krikaljow am 3. März erste Versuche mit dem Plasmakristall-Experiment starten. Zusammen mit dem amerikanischen Kommandanten Bill Shepherd arbeiten die beiden russischen Kosmonauten seit Anfang November 2000 als erste Langzeitbesatzung an Bord der Raumstation. Diese erste Mannschaft wird am 19. März am Kennedy Space Center in Florida zurückerwartet und aktuelle Messergebnisse des Plasmakristall-Experiments mitbringen.

"Plasma-Kristalle" sind makroskopische Modellsysteme, mit denen bisher kaum verstandene physikalische Prozesse wie Phasenübergänge - fest, flüssig, gasförmig - gleichsam auf atomarer Ebene beobachtet werden können. Die Grundlage dafür ist ein 1994 am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik entdeckter neuer Plasmazustand; er wird allgemein als "Plasmakondensation" beschrieben. Solche "komplexe" Plasmen - Niedrigtemperatur-Plasmen, bestehend aus Elektronen und Ionen ("Atomrümpfen") - werden mit Partikeln in Mikrometergröße (= Tausendstel Millimeter) angereichert. Diese Teilchen laden sich im Plasma elektrisch auf, verhalten sich damit wie Atome, sind jedoch ungleich größer und deshalb sichtbar. In solchen "komplexen" Plasmen ordnen sich die Mikropartikel in selbstorganisierten, regelmäßigen "kristallinen Strukturen" an - ohne dass die wesentlichen Plasma-Eigenschaften verloren gehen. Das liefert den Grundlagenforschern des Max-Planck-Instituts erstmals Einblicke in die Dynamik fundamentaler Prozesse aus dem Inneren von Werkstoffen - in der Raumstation jetzt auch unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit.

Dieses Forschungsgebiet hat sich seither außergewöhnlich vielseitig entwickelt: Um ihre unterschiedlichen Kenntnisse auf dem Gebiet der Plasmaphysik zu bündeln, haben die beiden Max-Planck-Institute für extraterrestrische Physik und für Plasmaphysik vor kurzem in Garching ein gemeinsames "Centre for Interdisciplinary Plasma Science" (CIPS) mit ungefähr 40 Mitarbeitern eingerichtet.

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