Röntgentechnik mit Superauflösung enthüllt atomare Strukturen

Neue Methode nutzt eine Nobelpreis-Spektroskopietechnik, um chemische Reaktionen und Materialeigenschaften besser zu verstehen

23.07.2025
Copyright: Stacy Huang/Argonne National Laboratory

Eine eintreffende Röntgenlichtwelle (links), die aus einer chaotischen Verteilung sehr schneller Spitzen besteht, interagiert mit Atomen (violette Punkte) in einem Gas, um bestimmte Spitzen (rechts) in der Lichtwelle zu verstärken.

Forscher des Argonne National Laboratory bei Chicago, USA, haben zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Kernphysik (MPIK) in Heidelberg und dem European X-ray Free Electron Laser (European XFEL) in Hamburg einen innovativen Ansatz für die Röntgenspektroskopie entwickelt, der eine noch nie dagewesene Detailgenauigkeit und Auflösung erreicht.

Die stochastische stimulierte Röntgen-Raman-Streuung (s-SXRS) genannte Technik nutzt intensive Röntgenpulse zur Anregung von Elektronen in Atomen. Sie wurde in einem bahnbrechenden Experiment am European XFEL eingesetzt. Die Forschenden führten einen Röntgenstrahl durch eine kleine, am MPIK entwickelte 5-Millimeter Hochdruck-Gaszelle, die mit Neon als Target gefüllt war. Die dabei entstehende Strahlung wird in einem Gitterspektrometer erfasst und analysiert - einem Gerät, das das Licht nach seinen unterschiedlichen Wellenlängen trennt. Wenn die Röntgenstrahlen das Gas passieren, verstärken sie die resonant gestreute Strahlung um fast das Milliardenfache - sogenannte Raman-Signale, eine Art Röntgen-Fingerabdruck, der Informationen über die angeregten elektronischen Zustände von Atomen und auch Molekülen liefert.

Das verstärkte Signal liefert detaillierte Informationen über die elektronische Struktur der Atome auf einer Zeitskala von Femtosekunden (d. h. ein Millionstel einer Milliardstel Sekunde). Eine statistische Methode, die so genannte Kovarianzanalyse, verknüpft die eingehenden Röntgenpulse mit den von den Atomen ausgestrahlten Raman-Signalen. Auf diese Weise erstellen die Wissenschaftler ein detailliertes Energiespektrum aus vielen einzelnen Schnappschüssen, anstatt langsam über verschiedene Energieniveaus zu scannen. Was früher als „Rauschen“ betrachtet wurde, verwandelt sich so in eine wertvolle Ressource, die es ermöglicht, detaillierte Informationen aus komplexen Daten zu gewinnen.

Die große Anzahl von Photonen in jedem Röntgenblitz verstärkt nicht nur das Messsignal, sondern ist auch der Schlüssel zur höchsten spektralen Auflösung durch Mittelung über viele Photonentreffer auf dem Detektor. Diese große Anzahl von Photonen bei zufälligen, aber vollständig korrelierten Wellenlängen ermöglicht es, die Position des Zentrums dieser breiten, aber ausgeprägten spektralen Spitzen viel genauer zu bestimmen als ihre Breite es sonst vorgibt. Dieser Ansatz ähnelt der Technik der superauflösenden Mikroskopie, für die 2014 der Nobelpreis für Chemie verliehen wurde.

Eine wesentliche Unterstützung für die Interpretation der experimentellen Ergebnisse waren umfangreiche Simulationen der komplexen Wechselwirkungen der Röntgenpulse, während sie sich durch das Gas ausbreiten. Die Argonne Leadership Computing Facility (ALCF) stellte die nötige Rechenleistung für diese Berechnungen zur Verfügung, die mit den gemessenen Daten gut übereinstimmen und so das Verständnis der Forscher für diese Prozesse bestätigen und den Weg für künftige Untersuchungen ebnen. Mit weiteren Fortschritten könnte s-SXRS weltweit zu einem Standardwerkzeug in Labors werden, das Innovationen in vielen Bereichen vorantreibt und die Voraussetzungen für Durchbrüche in der chemischen Analyse und Materialwissenschaft schafft - mit Auswirkungen auf Branchen wie Elektronik und Nanotechnologie.

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