Jenaer Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, um neue Substanzen auf ihre Wirksamkeit gegen
Viren zu
prüfen. Mit diesem schnellen, einfachen und kostengünstigen Screening-Verfahren wird eine hohe Anzahl von verschiedenen
chemischen Verbindungen oder Naturstoff-Extrakten gleichzeitig in einem Arbeitsgang daraufhin getestet, inwieweit sie die
zellzerstörende Kraft von Viren bremsen oder sogar verhindern können. Das Testverfahren liefert damit den entscheidenden
Anfangshinweis, ob die Entwicklung eines neuen Medikaments Erfolg verspricht.
"Die Suche nach antiviralen Wirkstoffen ist etwa so wie die sprichwörtliche Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen", erläutert Dr.
Michaela Schmidtke im Institut für
Virologie der Jenaer Universität. In den vergangenen drei Jahren hat ihre Forschergruppe mit dem neuen
Test selbst über 6.000 Substanzen überprüft und ihn dabei so weit standardisiert, dass ihn jede Laborfachkraft nach kurzer Einweisung
anwenden kann. Die "Trefferquote" liegt im "Normbereich": 0,1 Prozent der Ergebnisse fallen so vielversprechend aus, dass sich eine
weitere Forschung lohnt. "Das ist mühsam, aber es gibt zur Zeit keine Alternative im Kampf gegen Viren, als immer wieder neue
Wirkstoffe
zu finden", so Schmidtke.
Denn die elektronenmikroskopisch kleinen Krankheitserreger besitzen die gefährliche Eigenschaft, sich binnen weniger Generationen
genetisch zu verändern - und dabei auch Resistenzen gegen medizinisch bewährte
Therapien herauszubilden. "Das ist wie beim Wettlauf
zwischen Hase und Igel", meint die Jenaer Virologin. Zum Beispiel taucht - statistisch gesehen - etwa alle 15 Jahre ein neues Grippe-Virus
auf, gegen das der vorhandene Impfstoff nur wenig ausrichtet, zuletzt die "Hühnergrippe" in Hongkong. Mit dem neuen Jenaer Screening-Test
könnten die "Hasen" ihre Arbeit erheblich beschleunigen.
Auf einer herkömmlichen, etwa handtellergroßen Gewebekulturplatte legen die Wissenschaftler
Zellkulturen in 60 klar abgegrenzten Proben
an und überprüfen zunächst die Testsubstanzen selbst auf ihre zellgiftige Wirkung. "Wir arbeiten dann grundsätzlich nur mit Konzentrationen
weiter, die das gesunde Gewebe nicht schädigen", erklärt Dr. Schmidtke, "denn ein Wirkstoff, der die Viren samt gesunden Körperzellen
tötet, würde für dem Patienten mehr schaden als nützen." In einem zweiten Arbeitsschritt wird die Zellkulturplatte vorher mit Viren
"beimpft", und schon nach 24 bis 48 Stunden verrät die Probe mit dem Standardindikator Kristallviolett, wie viele
Zellen den tödlichen
Virus-Angriff überlebt haben. Im Routine-Verfahren testen die Forscher Substanzen gegen Herpes-simplex-, Coxsackie- und
Influenza-A-Viren, "weil diese drei wichtige genetische Reproduktionsprinzipien der Viren repräsentieren", so Schmidtke.
Grundsätzlich ist der Jenaer Screening-Test leicht auf andere Erregerarten übertragbar, etwa auf Maul- und Klauenseuche-, Schnupfen- oder
Masern-Viren. Schmidtke: "Voraussetzung ist allerdings, dass wir die Viren sehr gut kennen." Denn nur auf den "richtigen" Zellkulturen
verläuft der Test so schnell, dass spätestens nach zwei Tagen ein aussagekräftiges Ergebnis vorliegt. Zum Beispiel Herpes-Viren gedeihen im
Labor am besten auf künstlich gezüchteten Nierenzellen der Grünen Meerkatze, die lebensgefährlichen Coxsackie-Viren, die beim Menschen
eine chronische Herzmuskelentzündung verursachen können, "bevorzugen" so genannte Hela-Zellen, das sind entartete
Gebärmutterhalskrebs-Zellen.
Aber selbst nach erfolgreicher Wirkstoffsuche ist der Weg bis zu einem zugelassenen Medikament immer noch sehr weit. Etwa zehn, zwölf
Jahre dauert das, weiß Michaela Schmidtke, sofern sich überhaupt ein Pharmaunternehmen findet, das in einen neu herausgefundenen
Wirkstoff investieren will. Die Entwicklung neuer
Medikamente kostet üblicherweise mehrere Millionen Mark - und das schließlich ohne
Erfolgsgarantie. Dass die Marktgesetze so manche wissenschaftliche Er