Pharmapräsident: Branche muss Beitrag zur Gesundheitsreform leisten

22.02.2002
Ingelheim (dpa) - Eine Reform des Gesundheitswesens ist nach Meinung des Weltpharmaverband-Präsidenten Rolf Krebs ohne einen Beitrag seiner Branche nicht möglich. «Wenn wir den dringend notwendigen Schnitt in Deutschland machen wollen, müssen auch wir schmerzhafte Einbußen hinnehmen», sagte der Chef von Boehringer Ingelheim in einem dpa-Gespräch. Er forderte die Arzneimittelhersteller auf, mehr in die Forschung zu investieren. «Es gibt derzeit zu viele Unternehmen, die die Innovationen vernachlässigen.» Dies seien etwa die Hersteller, die vom reglementierten Markt bei patentfreien Medikamenten profitierten. In Deutschland gibt es für so genannte Generika vorgeschriebene Preise. «Dadurch fällt nach Ablauf des Patentes der Preis bei uns auf 45 Prozent, in den USA dagegen auf 15 bis 20 Prozent.» Auf diesem gesetzlich festgelegten Polster ruhten sich manche Pharmaanbieter aus. «Die Regierung sollte daher sowohl den Markt für patentgeschützte als auch für patentfreie Produkte freigeben», forderte Krebs. Den Krankenkassen entstünde dadurch «ein Einsparpotenzial von bis zu 2,5 Milliarden Euro». Sobald bei den Generika freier Wettbewerb herrsche, übe das auf innovationsunwillige Hersteller Druck aus, mehr Geld in die Entwicklung neuer Medikamenten zu stecken. Dann werde die deutsche Pharmabranche wieder produktiver. Seit Anfang der 80er Jahre bliebe die Forschung in Deutschland und Europa weit hinter den USA zurück. Angesichts zahlreicher Krankheiten, gegen die noch kein Heilmittel gefunden sei, «liegen aber so viele Forschungsprojekte vor uns, dass sie für 400 Jahre reichen». Dieses Riesenpotenzial «können wir doch nicht den Amerikanern überlassen.» Daneben fordert der Chef von Boehringer Ingelheim mehr Verantwortung des Einzelnen bei der Bekämpfung von Krankheiten. «Es kann nicht angehen, dass die Solidargemeinschaft alles trägt.» Mittel gegen grippale Infekte oder Venenleiden sollten aus der eigenen Tasche bezahlt werden, «um dem Gesundheitssystem für ernsthafte Erkrankungen mehr finanzielle Luft zu verschaffen». Bei chronischen Leiden wie Bluthochdruck oder Diabetes müsse dagegen die Solidargemeinschaft einspringen, da hier später starke Komplikationen zu erwarten seien. Durch eine Beschneidung des Leistungskataloges der Krankenkassen «hin zu einer lebenserhaltenden Grundversorgung» ließe sich der Beitragssatz auf zehn Prozent des Bruttolohnes senken. Dies ließe dem Einzelnen dann auch genügend Spielraum, um die Selbstmedikation zu finanzieren und sich intensiver um die eigene Gesundheit zu kümmern. dpa sto yyhe to

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