Neue Art der Mikroskopie entwickelt

Durchbruch in der Nanooptik

28.04.2020 - Deutschland

Die Dauer ihrer Momentaufnahme verhält sich zu einer Sekunde wie eine Sekunde zum Alter des Universums: Zusammen mit dem australischen Wissenschaftler Tim Davis und der Arbeitsgruppe von Harald Gießen (Universität Stuttgart) haben CENIDE-Physiker mit der ultraschnellen Vektormikroskopie eine Möglichkeit entwickelt, elektrische Felder an Oberflächen zeitlich und räumlich hochaufgelöst zu bestimmen. Diese Methode wurde genutzt, um erstmals die Dynamik von optischen Skyrmionen in der Zeit nachzuverfolgen. Das Fachmagazin „Science“ veröffentlicht in seiner aktuellen Ausgabe diesen Durchbruch in der Nanooptik.

(c) Tim Davis

Grafische Darstellung optischer Skyrmionen zu einem Zeitpunkt, bei dem ihre elektrischen Felder im Zentrum aus der Oberfläche herauszeigen. Der Abstand benachbarter Skyrmionen entspricht der Plasmonen-Wellenlänge von 780 Nanometern.

Wechselwirkungen zwischen Licht und Materie sind die Grundlage der Nanooptik. Forscher, die sich mit ihr beschäftigen, können mithilfe spektroskopischer und mikroskopischer Verfahren Eigenschaften und Zustände winziger Strukturen und sogar einzelner Moleküle beobachten und beeinflussen. Wie bei den noch in den Anfängen steckenden optischen Computern: Da deren Strukturen mitunter viel kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, benötigt man Tricks wie Nanoantennen, um es effektiv einkoppeln zu können. Doch es ist sehr schwer, die elektrischen Felder um solche Strukturen herum räumlich und zeitlich zu analysieren.

Mit der Vektormikroskopie auf Basis der zeitaufgelösten 2-Photonen-Photoemissionsmikroskopie hat ein Physikerteam um UDE-Professor Frank-J. Meyer zu Heringdorf, den australischen Experten für Nanooptik Dr. Timothy J. Davis und Professor Harald Gießen nun eine Pionierleistung erbracht: Sie konnten die elektrischen Felder an einer Metalloberfläche punkt- und zeitgenau bestimmen – bis hinunter zu 10 Nanometern örtlicher Auflösung und im Sub-Femtosekundenbereich.

Ultrakurze Laserpulse kombiniert mit Vektorrechnung

Dazu nutzten sie Gold-Mikrokristallite, auf deren Oberfläche sie nach Nanostrukturierung durch einen ultrakurzen Laserpuls ein Oberflächen-Plasmon-Polariton erzeugten; eine Elektronenwelle, die sich an der Oberfläche ausbreitet. Wenige Femtosekunden nach der Anregung liest ein zweiter Laserpuls das elektrische Feld der Welle aus. Allerdings kann der Abfragepuls nur diejenige Komponente analysieren, die gleich polarisiert ist, d.h. bei der das elektrische Feld des abfragenden Laserpulses und das des Plasmons an der Oberfläche in die gleiche Richtung zeigen.

Die Wissenschaftler rekonstruierten die Feldvektoren, indem sie in zwei Experimenten mit unterschiedlichen Abfragepolarisationen zwei Feldkomponenten bestimmten. Die dritte ließ sich anschließend mithilfe der Maxwell-Gleichungen aus den beiden ersten berechnen. „Das ist ein echter Durchbruch“, erklärt Meyer zu Heringdorf, Mitglied im UDE-Sonderforschungsbereich „Nichtgleichgewichtsdynamik kondensierter Materie in der Zeitdomäne". „So lässt sich jeder Punkt eines elektrischen Feldes auf einer Oberfläche zu jeder Zeit beobachten – in kleinsten Strukturen.“

Schwingende Skyrmionen beobachtet

Aufgrund ihrer vielversprechenden Eigenschaften in magnetischen Systemen beschäftigt die Forschung derzeit die Frage, ob sich die magnetischen Eigenschaften von Skyrmionen auch in die Optik übertragen lassen. Den Wert der von ihnen entwickelten Methode demonstrierten die Forscher daher, indem sie erstmals die Dynamik von optischen Skyrmionen in der Zeit nachverfolgten.

Zu diesem Zweck hat das Team Plasmonen auf der Goldoberfläche erzeugt, deren elektrische Felder optische Skyrmionen ausbildeten (siehe Bild). Daraufhin vergrößerten die Forscher den zeitlichen Abstand zwischen anregendem und detektierenden Laserpulsen systematisch um rund 100 Attosekunden. Aus der Sequenz der aneinandergefügten rekonstruierten Feldbilder ergab sich ein Film der auf- und abschwingenden Skyrmionen.

Da die Methodik universell auf elektrische Felder an Oberflächen anwendbar ist, lassen sich mit der Vektormikroskopie Feldverteilungen in optischen Nanostrukturen mit einer Präzision untersuchen, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre.

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