DRYplatform eröffnet: Batterieforschung bekommt Leuchtturm-Infrastruktur

Fraunhofer IWS eröffnet Partnern den Weg von der Idee zur industrierelevanten Batteriezelle

12.11.2025
© Martin Förster/Fraunhofer IWS

»DRYplatform« offiziell eröffnet: Geladene Gäste begleiteten die feierliche Zeremonie mit einer symbolischen Banddurchtrennung.

Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS hat am 3. November 2025 im Rahmen des Dry Coating Forums die Technologieplattform »DRYplatform« offiziell eröffnet. Geladene Gäste begleiteten die feierliche Zeremonie mit einer symbolischen Banddurchtrennung. Bereits zuvor hatten knapp 200 Fachleute beim Forum über Potenziale und industrielle Perspektiven der Trockenbeschichtung für die Batterieproduktion diskutiert – rund 80 Prozent davon aus Unternehmen. Die neu geschaffene Forschungsumgebung gilt als Leuchtturmprojekt des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR), das den Aufbau mit 3,7 Millionen Euro förderte.

© Fraunhofer/Piotr Banczerowski

Mit der neuen Trockentransfertechnologie DRYtraec® werden Elektroden von Energiespeicherzellen mit einem trockenen Film statt mit flüssigen Chemikalien beschichtet.

DRYtraec® ersetzt die klassische Nassbeschichtung von Batterieelektroden. Das am Fraunhofer IWS entwickelte Trockenbeschichtungsverfahren arbeitet lösemittelfrei, eliminiert energieintensive Trocknungsschritte und senkt sowohl Kosten als auch Umweltbelastungen. Dieser Prozess bildet den Kern der DRYplatform.

Die Infrastrukturmaßnahme erweitert das Verfahren zu einem Gesamtsystem. Dazu gehören ein flexibles Trockenluft-Multiraumkonzept, das extreme Feuchtigkeitskontrolle erlaubt, verschiedene Hochintensiv- und Extrusionsmischer für die Pulveraufbereitung, eine vernetzte Analytik sowie ergänzende Anlagen für Zelltests, Nachverdichtung und Elektrodenkonfektionierung. Inline- und Offline-Daten aus allen Modulen fließen in eine gemeinsame digitale Infrastruktur. Dadurch lassen sich Material-Prozess-Eigenschaftsbeziehungen präzise erfassen und in kurzer Zeit skalieren. Institutsleiter Prof. Christoph Leyens ordnete die Bedeutung ein: »DRYplatform beschleunigt den Transfer aus der Wissenschaft in die Industrie erheblich. Wir setzen damit ein sichtbares Zeichen für die Batterieforschung in Deutschland und geben unseren Partnern eine Forschungsumgebung an die Hand, die in dieser Form weltweit einzigartig ist.«

Interdisziplinäre Leistung trotzt Widerständen

Der Aufbau der Plattform stellte das Fraunhofer IWS vor große Herausforderungen. Das Team realisierte über 40 Einzelbeschaffungen und Installationen, obwohl Lieferkettenengpässe, Pandemie-Nachwirkungen und steigende Energiekosten den Prozess erschwerten. Die ursprüngliche Planung einzelner Trockenluftkabinen wandelte das Institut in ein Multiraumkonzept um, das heute den flexiblen Betrieb von normaler Umgebungsluft bis zu extrem niedrigen Taupunkten ermöglicht. So senkt die Anlage Betriebskosten und erlaubt gleichzeitig die Verarbeitung hochsensibler Materialien.

Chemiker, Verfahrenstechniker, Maschinenbauer, Konstrukteure, Designer und interne Serviceeinheiten arbeiteten eng zusammen, um die Plattform aufzubauen. Dr. Benjamin Schumm, Abteilungsleiter Partikeltechnik, würdigte die Teamleistung: »Wir haben Materialentwicklung, Anlagentechnik und Prozessanalytik systematisch verzahnt. Das erlaubt uns, Partnern schnell und verlässlich Antworten auf komplexe Fragestellungen zu geben – ein Alleinstellungsmerkmal, das wir nur durch die Vielfalt der Kompetenzen am Fraunhofer IWS erreichen.«

Forschung und Entwicklung entlang der Wertschöpfungskette

DRYplatform richtet sich an Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Materialentwicklung bis zur Zellproduktion und deren industrieller Anwendung. Aktivmaterial- und Binderhersteller beispielsweise können ihre Produkte realistisch prüfen, Maschinenbauer neue Anlagen integrieren und optimieren, Zellproduzenten die elektrochemische Leistungsfähigkeit testen. Anwender aus der Automobil- und Luftfahrtindustrie gewinnen belastbare Grundlagen für künftige Produkte. Der Zugang zu den Möglichkeiten der Forschungsinfrastruktur steht Unternehmen im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten zur Verfügung. 

Bedeutung für den Standort Deutschland

Die Elektromobilität verändert Wertschöpfungsketten weltweit. Innovationen wie die Trockenbeschichtung eröffnen die Chance, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu sichern. DRYplatform stärkt nicht nur die Forschung, sondern auch den Maschinen- und Anlagenbau sowie Zellhersteller, die frühzeitig auf Zukunftstechnologien setzen. So bleibt Know-how im Land und muss nicht teuer importiert werden. Gleichzeitig schafft die Plattform gesellschaftlichen Mehrwert, indem sie öffentlich geförderte Investitionen direkt für den Transfer in industrielle Anwendungen bereitstellt.

Blick in die Zukunft

DRYplatform ermöglicht es, Konzepte vom wissenschaftlichen Ansatz bis zur industrienahen Demonstration auf Basis der DRYtraec-Trockenbeschichtung zu entwickeln. Für die großskalige Umsetzung arbeitet das Fraunhofer IWS eng mit Industriepartnern oder der Fraunhofer‑Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB zusammen, die Ende des Jahres 2025 eine Pilotanlage mit DRYtraec-Technologie in Betrieb nehmen wird. So entsteht ein nahtloser Übergang von Grundlagen über Prototypen bis zur Pilotproduktion.

Die Forschungs- und Technologieplattform des Fraunhofer IWS ermöglicht es, Trockenbeschichtungsprozesse für aktuelle und künftige Batteriegenerationen wie Festkörper-, Natrium-Ionen- und Lithium-Schwefel-Batterien effizient und skalierbar zu bewerten. Damit lassen sich neue elektrochemische Konzepte frühzeitig prüfen und ihre Reifegrade gezielt steigern. Unternehmen gewinnen so eine fundierte Entscheidungsgrundlage, ob sie parallel zur etablierten Nassbeschichtung bereits auf Trockenprozesse setzen, was entscheidend beeinflusst, welche Zelltechnologien in fünf bis zehn Jahren den Markt prägen werden.

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