Intelligente Schutzkleidung gegen leistungsstarke Laser

11.06.2013 - Deutschland

In einem EU-Projekt unter der Leitung des Laser Zentrums Hannover (LZH e.V.) wurden jetzt passive wie aktive Schutzsysteme in Form von Jacken, Hosen, Schürzen und Handschuhen entwickelt, die einen wirksamen Schutz vor Laserstrahlung mit Leistungsdichten von mindestens 20 Megawatt pro Quadratmeter bieten.

Schützende Berufsbekleidung etwa für die Feuerwehr, für Schweißarbeiter oder im Chemielabor ist heutzutage selbstverständlich. Trotz enormer Verbreitung von Lasern als Werkzeug in Industrie und Forschung mangelt es bis heute an geeigneter Schutzkleidung für den Anwender. Gegen die von intensiver Laserstrahlung ausgehende Gefährdung sind bisher ausschließlich für Augen Schutzklassen genau definiert und entsprechend zertifizierte Schutzbrillen am Markt erhältlich.

Insbesondere die zunehmende Verbreitung handgeführter Lasersysteme, z. B. für Schneid- und Schweißprozesse im Bereich der Lasermaterialbearbeitung, macht jedoch auch einen geeigneten Schutz der Haut immer dringlicher. Der Bearbeiter hält sich in unmittelbarer Nähe der Wechselwirkungszone zwischen Werkstoff und Laserstrahlung bis in den Hochleistungsbereich auf. Dabei kann die Laserstrahlung unter ungünstigen Bedingungen, z. B. durch Ablenkung von hochreflektiven Oberflächen, unvermittelt die Richtung ändern und dann bei direktem Auftreffen auf die Haut schwere Verbrennungen verursachen. Nahinfrarot-Laserstrahlung dringt zudem relativ weit in die Haut sowie in darunter liegendes Gewebe ein und schädigt dort Blutgefäße und anderes biologisches Gewebe.

Für die im Rahmen des EU-Projekts PROSYS-Laser entwickelte Schutzkleidung wurden zwei Strategien verfolgt: Das von den Forschern entworfene passive System besteht aus mehrlagigen technischen Textilien. An der obersten Schicht wird die Strahlung durch eine spezielle Beschichtung bestmöglich und vor allem diffus reflektiert. Dennoch eindringende Strahlung wird in der mittleren Lage möglichst breitflächig verteilt. Eine über kurze Zeit unkritische Restwärme trifft nach Durchdringen der inneren Lage, die eine zusätzliche Energiebarriere darstellt, auf die Haut und verursacht ein Schmerzempfinden. „Dies ist gewollt. Der Anwender muss spüren, dass er einer gefährlichen Bestrahlung ausgesetzt ist, damit er den betroffenen Körperteil wegzieht“, erläutert Michael Hustedt, Leiter der Gruppe Sicherheitstechnik am LZH und Koordinator von PROSYS-Laser. Die übliche Reaktionszeit beträgt bis zu 4 Sekunden. Für diesen Zeitraum stellt das passive System bei maximaler Auslegung einen Schutz vor Leistungsdichten von bis zu 900 kW/m2 bereit und ist damit etwa um den Faktor 20 wirksamer, als derzeit am Markt erhältliche Schutzkleidung.

Noch einmal erheblich gesteigert wird diese protektive Wirkung durch ein aktives System, durch zusätzlich in den textilen Multilagenaufbau integrierte Sensoren. Diese senden bei Beschädigung infolge von Bestrahlung innerhalb < 100 ms ein elektrisches Signal an den Laser, der daraufhin automatisch abgeschaltet wird. Für eine uneingeschränkte Bewegungsfreiheit des Anwenders sorgt die drahtlose Kommunikation per Funksignal zwischen Sendeeinheit und Sicherheitskreis des Lasers. Da die vollständige Abschaltung der Laserstrahlung mindestens etwa 80 Millisekunden benötigt, ist eine Kombination der aktiven Sensoren mit einem grundlegenden passiven Schutz sinnvoll und ermöglicht eine Schutzwirkung gegen Strahlung mit Leistungsdichten von mindestens 20 MW/m2.

Das internationale Konsortium aus drei Forschungsinstituten, neun KMU und einem größeren Unternehmen hat inzwischen Prototypen entsprechend ausgerüsteter Schutzbekleidung entwickelt, die in diesem Jahr auf verschiedenen Messen präsentiert wurden. Eine zeitnahe Markteinführung ist geplant.

Weitere Entwicklungsarbeit soll zukünftig vor allem in die aktiven Systeme fließen, mit dem Ziel größerer Robustheit und Flexibilität bei gleichzeitig hoher Schutzwirkung. Praxistests in der Industrie sollen zudem wichtige Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich Ergonomie und Tragekomfort der Schutzkleidung liefern, um eine möglichst hohe Akzeptanz beim Nutzer zu erreichen. Dabei stehen beispielsweise eine Reduzierung des Flächengewichts der Textilien oder gute haptische Eigenschaften der Handschuhe im Fokus.

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