TÜV Rheinland übernimmt Nürnberger Prüfunternehmen LGA

11.07.2005

Die TÜV Rheinland Holding AG übernimmt nach einer aktuellen Mitteilung der Deutschen Presseagentur (dpa) mit der LGA Beteiligungs GmbH ein beachtliches Teilunternehmen der öffentlich rechtlichen Nürnberger Landesgewerbeanstalt Bayern (LGA).

Rückwirkend zum 1. Januar 2005 erwirbt die TÜV Rheinland Holding AG zunächst 49 Prozent dieser "LGA-Holding", der Rest verbleibt zunächst bei der LGA Körperschaft des öffentlichen Rechts. Bis zum 1. Januar 2008 soll dann die LGA-Holding zu hundert Prozent dem Kölner Unternehmen gehören, teilten die LGA und der TÜV Rheinland mit.

Die "LGA Körperschaft des öffentlichen Rechts hatte in jüngster Zeit im Rahmen ihrer Konsolidierungs- und Privatisierungsbestrebungen einzelne Teilbereiche ihres Wirtschaftsbetriebes in gesonderte Gesellschaften (LGA Bautechnik GmbH, LGA QualiTest GmbH, LGA TrainConsult GmbH, LGA InterCert GmbH) ausgegliedert. Diese Gesellschaften wurden unter das Dach einer Holding (LGA Beteiligungs GmbH) gestellt, die nun von der TÜV Rheinland Holding AG schrittweise übernommen wird.

Die Übernahme war erst möglich geworden, nachdem die bayerische Staatsregierung auf die Rückzahlung von Baudarlehen gegenüber der LGA-Körperschaft in Höhe von 68 Millionen Euro verzichtet hat, zitiert dpa Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU).

Der Darlehensverzicht wurde gegenüber dem Deutschen Verband unabhängiger Prüflaboratorien (VUP) durch das Bayerischen Wirtschaftsministerium und die Rechtsabteilung der LGA-Körperschaft bestätigt. Dabei wurde jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Verzicht gegenüber der LGA-Körperschaft ausgesprochen wurde und nicht wie missverständlich der dpa-Meldung zu entnehmen, gegenüber der veräußerten LGA-Holding. Die Darlehnsschenkung habe bilanztechnische Gründe gehabt. Nach den Investitionsentscheidungen und -tätigungen der 80er- und 90er-Jahre habe man durch politische Beschlüsse (Privatisierung des rentablen Wirtschaftsbetriebes) der LGA-Körperschaft die Grundlage entzogen, diesen Kredit jemals wieder zurückzuzahlen.

Aber gerade vor diesem Hintergrund gewinnt die zitierte Aussage Wiesheus eine besondere Brisanz: Wieso war es eine ultimative Bedingung des Geschäftes mit dem TÜV Rheinland, dass das Land auf die Rückzahlung eines Darlehns gegenüber der LGA-Körperschaft verzichtet ? Hat es doch zunächst den Anschein, dass die betroffene, landesfinbanzierte Immobilie eigentlich nicht Bestandteil der Anteilsübereignung ist.

Mit Irritation reagieren daher besonders die mittelständischen Prüflaboratorien auf diesen Coup. Die dpa-Meldung gebe den Anlass eine Wettbewerbsverzerrung "größeren Ausmaßes" zu vermuten, wenn es zuträfe, dass hier der Staat auf beachtliche Investitionsmittel - wenn auch mittelbar - zugunsten eines einzelnen Mitbewerbers "verzichtet" haben sollte, berichtet der Deutsche Verband Unabhängiger Prüflaboratorien (VUP) zur Stimmung unter den deutschen Prüflaboratorien.

Dies weist der Finanzvorstand der TÜV Rheinland Holding GmbH in Köln jedoch entschieden zurück: Es ist definitiv nicht Bedingung des TÜV für die Anteilsübernahme gewesen, dass das Land auf diese Darlehensrückzahlung verzichtet. Vielmehr vermutet er, dass diese Bedingung im Zusammenhang mit den Konsolidierungsbestrebungen der LGA-Körperschaft von politischen Entscheidungsgremien in Bayern gestellt worden sei. Auch sei neben den Investitionsverpflichtungen, die der TÜV eingegangen sei, ein zweistelliger Millionenbetrag als Kaufpreis vereinbart worden.

Trotz dieser klärenden Aussagen konnte sich jedoch die Aufregung in der Branche nach wie vor nicht ganz beruhigen. "In der Vergangenheit haben wir innerhalb unseres Verbandes sehr harmonisch mit der LGA zusammengearbeitet und wollen dieses auch in der Zukunft fortsetzen", resümiert Sven Deeg, Hauptgeschäftsführer des VUP. Die Verwunderung des Verbandes richte sich auch nicht auf die LGA und deren verständliches Streben nach einer Konsolidierung und transparenten Privatisierung ihrer wirtschaftlichen, nicht-hoheitlichen Tätigkeit. Vielmehr richte sie sich gegen den Freistaat. Im Zusammenhang mit den Privatisierungsbestrebungen von staatlichen oder kommunalen Unternehmungen haben wir in unserer Branche leider schon zu oft die schmerzhafte Erfahrung von Einflußnahmen auf den Wettbewerb durch verdeckte Subventionen machen müssen, erklärt der VUP sein Interesse zur Klärung dieses Vorganges.

Nach wie vor frage man sich, mit welchem Ertrag, in welchem Umfang und mit welchen Nebenleistungen die LGA-Holding (laut LGA-Angaben: erwirtschaftete Gesamtleistung 2004: 45,8 Mio. EUR, Konzernjahresüberschuss: 1,4 Mio. EUR) veräußert wurde. Dabei sei von besonderem Interesse, ob und in welchem Umfang auch Immobilienvermögen der LGA auf den TÜV übertragen wurde. Oder wie die Bereitstellung von angestelltem und beamtetem Personal mit deren Pensionsrückstellungen geregelt worden sei. Gerade diese Themen seien im Hinblick auf eine eventuelle Wettbewerbsverzerrung von besonderem Interesse.

Eine weitere Frage konnte mittlerweile beantwortet werden: Das Veräußerungsangebot war nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums europaweit ausgeschrieben worden. Auch andere Prüfunternehmen hatten Interesse bekundet, bzw. hätten hier bieten können.

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