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Entwicklung der Ottokraftstoffe



  Ottokraftstoffe, früher auch Vergaserkraftstoffe genannt, sind alle Kraftstoffe für Ottomotoren (Fremdzünder) in der Verwendung als Fahrzeugtreibstoff oder Flugzeugtreibstoff. Gerade in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat der Mangel an Erdöl und damit an Erdölbenzin die Verwendung diverser anderer, meist viel klopffesterer Treibstoffe als Benzin, gefördert. Diese heute teilweise verbotenen, teilweise modern als alternative Kraftstoffe bezeichneten Stoffe unterlagen im Produkt wie in der Anwendung einer merkbaren Entwicklung.

Die heute oft synonyme Verwendung des Begriffs Ottokraftstoff für Benzin kommt zwar umgangssprachlich häufig vor und ist aus der Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg herleitbar, jedoch nicht richtig.

Auch die meisten Wankelmotoren verwenden Ottokraftstoffe, nur wenige brauchen Dieselkraftstoffe.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Verwendung

Spiritus (Äthanol, Agraralkohol)

Nikolaus August Otto verwendete bereits in den 1860er Jahren „Spiritus“ (Kartoffelsprit, Agraralkohol, heute als Bio-Ethanol bezeichnet) als klopffesten Kraftstoff (Oktanzahl min. 104 ROZ) in den Prototypen seines Verbrennungsmotors. Während des Ersten Weltkriegs wurde dieser Kraftstoff als Motoren-Spiritus für hohe Leistungsanforderungen wie Jagdflugzeuge auf Feindflug verwendet.

Henry Ford konzipierte später sein von 1908 bis 1927 gebautes Ford Modell T ursprünglich auf der Grundlage, dass Ethanol der Treibstoff der Zukunft sei, der zugleich der Landwirtschaft neue Wachstumsimpulse bringen würde: „The fuel of the future is going to come from fruit like that sumach out by the road, or from apples, weeds, sawdust – almost anything“.[1] Benzin wurde jedoch aufgrund der Verfügbarkeit und des niedrigen Preises sowie durch den Einfluss der Standard Oil der hauptsächliche Kraftstoff in den USA und in allen von der Standard Oil beeinflussten Ländern. Damit einhergehend wurde der Motor der „Blechliesel“ von Ford umgestellt.

 

Leichtbenzin

Die früheste Verwendung von Ottokraftstoffen im Fahrzeug ist die Verwendung von Leichtbenzin (etwa 75 bis 85 ROZ[2]), das bereits in der Patentschrift zum Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 von 1886 als „leichtflüchtiges Oel“ zur Verwendung beschrieben wurde. Dies konnte das etwas schwerere, dort namentlich genannte, Ligroin sein oder das etwas leichtere Gasolin. Die am Anfang des 20. Jahrhunderts verwendeten Oberflächenvergaser konnten mit dem leichtflüchtigen Leichtbenzin zündfähige Gemische bilden.[3]

Bertha Benz machte auf ihrer Fahrt 1888 durch Einkauf von Ligroin in Wiesloch die dortige Apotheke zur quasi ersten Tankstelle der Welt. Weitere Namen sind Petroleumbenzin, Petroleumäther, Waschbenzin oder Hydririn.

Leichtbenzin wurde im Ersten Weltkrieg auch als Flugbenzin verwendet.[4]

Benzin

  Anfang des 20. Jahrhunderts und verstärkt nach dem Ersten Weltkrieg wurde Benzin je nach Quelle und Herkunft von sehr unterschiedlicher Qualität (Klopffestigkeit ab etwa 40 ROZ) als Treibstoff verwendet, und zwar sowohl als Fahrbenzin oder Motorenbenzin für Fahrzeuge mit Ottomotoren als auch als Flugbenzin für Flugzeuge mit Ottomotoren (Kolbenmotoren mit Fremdzündung). Obwohl Wilhelm Maybach den Spritzdüsenvergaser, der mit Benzin zündfähige Gemische bilden konnte, schon 1893 erfunden hatte, dauerte es bis nach dem Ersten Weltkrieg, bis das Benzin (genauer: Mittelbenzin) das Leichtbenzin als Fahrbenzin verdrängte.

Benzin war weniger klopffest als Leichtbenzin, dafür jedoch billiger. Gerade in den USA setzte es dadurch zum Siegeszug an. So kam es, dass dort bereits 1917 eine damals noch so genannte Großtankstelle (von „Standard Oil of Indiana“) eröffnet hatte, als sonst hauptsächlich aus Kanistern oder mit Fasspumpen betankt wurde. Dabei wurden die Fässer und Kanister vom Pritschen-LKW gebracht oder die Kanister direkt vom Tank-LKW befüllt.

Benzol

Reines Benzol hat als Ottokraftstoff eine hohe Klopffestigkeit (99 ROZ), war jedoch vergleichsweise teuer und Motoren verrußten sehr schnell. Daher wurde Benzol nur für spezielle Anwendungen als Treibstoff wie beispielsweise Motoren mit hoher Kompression verwendet oder für hohe Leistungsanforderungen wie Jagdflugzeuge auf Feindflug (Motoren-Benzol).

1920er Jahre

    Die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lange recht einfache Unterscheidung zwischen Normal(-benzin), in Skandinavien als Bensin bezeichnet, und Super mit zwei genormten Klopffestigkeitsgraden gab es in den 1920er Jahren noch nicht. Die leistungsmäßigen und qualitativen Unterschiede (z. B. hinsichtlich der Klopffestigkeit) der hier beschriebenen Ottokraftstoffe zueinander zeigt auch der preisliche Vergleich, wie die folgende Aufstellung aus einer Gemeinschafts-Tankzentrale in Arnstadt im Jahr 1926 (Preise pro Liter) zeigt:[7]

  • Oelhag-Leichtbenzin 37 Pfg.
  • Oelhag-Autobenzin 35 Pfg. (Rekordin)
  • Dapolin 35 Pfg. (Normalbenzin)
  • B.-V. Aral 41 Pfg. (Benzin-Benzol-Gemisch (Bibo))
  • B.-V. Benzol 47 Pfg.

Nach einer anderen Quelle[8] kostete das Benzin-Kartoffelalkohol-Gemisch Monopolin der Reichskraftsprit Ende der 1920er Jahre etwa so viel wie Normalbenzin. Es war durch den Ethanolanteil zwar klopffester, hatte jedoch eine geringere volumetrische Energiedichte (Heizwert pro Liter). Der Alkoholeinsatz diente zur Ersetzung von ausländischem Mineralölbenzin durch einheimische Kraftstoffe. Klopffestere Benzinsorten, die damals noch nicht Super(benzin) genannt wurden, wie Motalin der Deutschen Gasolin (Synthetisches Benzin Leuna mit Additiv Eisenpentacarbonyl), waren ähnlich wie Leichtbenzin etwa 5 % teurer als Normalbenzin. Das im Vergleich zu Benzin sehr viel klopffestere Benzol kostete auch aufgrund seiner wesentlich höheren Energiedichte etwa 35 % mehr, Benzin-Benzol-Gemisch lag dazwischen.

Viele der Mineralölunternehmen bauten im Laufe der 1920er Jahre zusätzlich zu Exploration und Handel eigene Tankstellenketten auf, zuerst durch Errichten von einzelnen Zapfstellen auf öffentlichem Grund. Zusätzlich gab es viele von Geschäftsleuten betriebene Abgabestellen, beispielsweise als einzelne Zapfstelle auf dem Bürgersteig vor einem Geschäft, teilweise aber auch aus einer Aufreihung vieler unterschiedlicher Zapfstellen diverser Marken und Sorten bestehend, sogenannter Gemeinschaftstankstellen.

Der Treibstoffverbrauch Ende der 1920er Jahre lag in Deutschland bei 800.000 bis 900.000 Tonnen. Von diesen wurden etwa 500.000 bis 600.000 Tonnen, hauptsächlich Benzin oder Erdöl zur Benzinherstellung in einheimischen Raffinerien, aus den unterschiedlichsten Ländern über die meist ausländischen Muttergesellschaften importiert.

Leichtbenzin

Leichtbenzin gab es noch, wurde jedoch immer mehr durch Superbenzin verdrängt. Da sich die Vergasertechnologie auf Basis des von Wilhelm Maybach 1893 erfundenen Spritzdüsenvergasers so weit verbessert hatte, dass Kraftstoffe mit höherem Siedeverhalten (Mittelbenzin) verarbeitet werden konnten, wurden die geringeren Siedeverluste des Mittelbenzins sowie die höhere volumetrische Energiedichte immer wichtiger. Auch kam es mit Mittelbenzin weniger häufig zu Vergaserbränden als mit Leichtbenzin.

Heute wird Leichtbenzin durch Isomerisierung zu Benzinkomponenten verarbeitet oder als Lösungsmittel für Fette, Gummi und Harze sowie bei der Herstellung von Lacken und Arzneimitteln verwendet.

Benzin

Während in den USA, Großbritannien oder den Niederlanden in den 1920er Jahren das Benzin hauptsächlich aus Erdölbenzin bestand, bestand ein Teil des Benzins in Deutschland Ende der 1920er Jahre neben Erdölbenzin wegen des Mangels an eigenen ergiebigen Erdölquellen und der Bemühungen der I.G. Farben aus Synthetischem Benzin aus Braunkohle. Die Gestehungskosten für das Synthetische Benzin lagen bei etwa 20 Pfennig gegenüber etwa 5,4 Pfennig bei Erdölbenzin.[9]

Da die Basisbenzine in ihrer Qualität (und damit Klopffestigkeit) stark schwankten (vor 1930: 40 bis 60 ROZ), wurde in Deutschland oft 5 % bis 10 % Benzol zur Normierung (Einstellung der Klopffestigkeit) zugesetzt, was aufgrund der nach damaliger Ansicht geringen Menge noch nicht deklariert werden musste.

Die bekanntesten Normalbenzinmarken der Großen Fünf Tankstellengesellschaften hießen damals Dapolin (Benzin aus amerikanischem Erdöl von der Deutsch-Amerikanische Petroleum Gesellschaft (DAPG)), Stellin (Benzin aus indischem, amerikanischem oder rumänischem Erdöl von der Rhenania-Ossag), Strax (Benzin aus persischen (ab 1935 iranischen) Erdölquellen von der OLEX) und Leuna (deutsches synthetisches Hydrierbenzin der I.G. Farben, vertrieben von der Deutschen Gasolin). Der Benzol-Verband als fünftes Mitglied hatte kein Normalbenzin, sondern vertrieb sein Bibo-Gemisch.

Superbenzin

Superbenzin als klopffestere Sorte als die normalen Benzine wurde durch Mischung mit anderen, klopffesteren Treibstoffen oder durch Zugabe von Additiven hergestellt. Der Unterschied zwischen beiden Verfahren ist, dass die Beimischung von anderen, klopffesteren Kraftstoffen Mengen von 10 % bis 40 % des Volumens benötigt, während die Additive wegen ihrer Wirksamkeit nur im Zehntelprozentbereich benötigt werden.

… durch Kraftstoffbeimischung (von Spiritus (Agraralkohol))

1925 gründeten die Reichsmonopolverwaltung für Branntwein und der Verwertungsverband deutscher Spiritusfabriken die Reichskraftsprit (RKS), um den aus Kartoffeln hergestellten „Spiritus“ (heute Agraralkohol, Bio-Ethanol genannt) als Ottokraftstoff zur Stützung der Landwirtschaft zu vermarkten.

Die RKS vertrieb ihr Benzin-Gemisch mit einem bis zu 25-prozentigen Anteil Kartoffelalkohol unter dem Markennamen Monopolin. Trotz der höheren Klopffestigkeit von Monopolin gehörte es zu den billigsten Kraftstoffen aufgrund der inländischen Alkoholpreise, der Importsteuern auf Benzin wie auch der geringeren volumetrischen Energiedichte. Je nach Qualität des Basisbenzins ergibt sich für Monopolin eine Oktanzahl zwischen 56 ROZ und 70 ROZ. Außerdem gab es bei der Reichskraftsprit noch ein Benzin-Benzol-Gemisch mit dem entsprechenden „Spiritus“-Zusatz namens Albizol.

… durch Kraftstoffbeimischung (von Benzol)

Nachdem die OLEX bereits 1923 ein Benzin-Benzol-Gemisch auf den Markt gebracht hatte (Olexin), kam der Benzol-Verband (BV) 1924 mit seinem BV-Aral, einem Gemisch von „6 Teilen Benzin und 4 Teilen Benzol“. Diese auch Bibo-Gemisch genannten Kraftstoffe waren für die damalige Zeit sehr klopffest. Während das Benzol aus einheimischer Produktion kam, stammte das Benzin um 1926 herum aus allen Ländern, aus denen die am gegenseitigen Lieferabkommen beteiligten (westlichen) Mineralölfirmen ihr Erdöl bezogen. Ende der 1920er Jahre bezog der Benzol-Verband sein Benzin aus russischen Quellen. Je nach Qualität des Basisbenzins ergibt sich für BV-Aral eine Oktanzahl zwischen 64 ROZ und 76 ROZ. Weitere solche Superbenzine waren Dynamin von der Rhenania-Ossag (deren Benzol Ende der 1920er Jahre aus Großbritannien stammte), Duolin von der DAPG, das ab September 1928 als roteingefärbtes Esso verkauft wurde, oder Motorin von der Deutschen Gasolin.

… durch Additive (Bleitetraäthyl)

  1924 gründete die Standard Oil Company of New Jersey mit General Motors die Ethyl Gasoline Corporation, um das US-Patent für Bleitetraäthyl (TEL) zu kontrollieren und in den USA klopffesteres Benzin zu produzieren.[10] Da TEL etwa 300-mal wirksamer als Benzol zur Erhöhung der Klopffestigkeit ist, werden hiervon nur vergleichsweise geringe Mengen als Additiv benötigt.[11] Bleitetraäthyl war bis 1936 in Deutschland nicht in nennenswerten Mengen verfügbar.

… durch Additive (Eisencarbonyle)

Motalin war ab der zweiten Hälfte der 1920er Jahre in Deutschland ein von der Deutschen Gasolin durch das Additiv Eisenpentacarbonyl klopffester gemachtes Superbenzin. Basis war hauptsächlich das von den I.G. Farben in den Leunawerken hergestellte Synthetische Benzin Leuna. Ab 1928 gab es kleine Blechkanister mit einem konzentrierten Gemisch aus Eisencarbonylen (sogenannte Motylpatronen) als Zusatz für Normalbenzin zur Erhöhung der Klopffestigkeit, das damit Motalin-ähnliche Eigenschaften erhielt.

1930er Jahre bis Zweiter Weltkrieg

  Nicht nur am Rennsport ließ sich zu dieser Zeit die Begeisterung für das Thema Auto oder Benzin im Blut ablesen. In dem Umfeld entstand im Auftrag der DAPG 1932 bei der UFA in Berlin ein Film namens „PS“ und 1936 ließ die Olex anlässlich der Olympiade in Berlin den ersten Werbefilm in Farbe drehen.[9]

Um im erdölarmen Deutschland in den 1930er Jahren die Abhängigkeit vom meist ausländischen Erdöl zu verringern und verstärkt inländische Rohstoffe zu verwenden, trat 1930 die Bezugsverordnung von Spiritus zu Treibstoffzwecken für alle Treibstofffirmen in Kraft. Jeweils 2,5 Gewichtsprozente der produzierten oder eingeführten Treibstoffmenge waren von der Reichsmonopolverwaltung zu beziehen. Diese Quote erhöhte sich bis Oktober 1932 schrittweise auf 10 %. Für ein solches Benzin-Alkohol-Gemisch mit 10 % Alkohol prägte sich im amerikanischen Raum der Begriff Gasohol. Die zwei Benzin-Alkohol-Gemische Alcoline und Agrol konnten sich jedoch trotz der höheren Klopffestigkeit in den 1930ern in den USA nicht gegen das billigere Benzin durchsetzen.

Ende Oktober 1930 gingen 51 % der Gesellschaftsanteile an der Reichskraftsprit an die Mitgliedsfirmen der Treibstoff-Konvention. Die Teilnehmer an der Übernahme verpflichteten sich, mindestens 20.000 Tonnen Spiritus zur Beimischung für Monopolin bis Ende 1934 zu verwenden. Da die Landwirtschaft im Verlauf der 1930er Jahre Schwierigkeiten bekam, die vereinbarten Absatzmengen zu liefern, nutzten dies die I.G. Farben später, ebenfalls einen Beimischungszwang für das bei ihr als Nebenprodukt anfallende synthetische Methanol zu erwirken.

Ottokraftstoff kostete in Deutschland im Jahr 1935 zwischen 38 und 42 Pf. je Liter und wurde 1939 auf 40 Pf. festgelegt.[12] Ähnlich wie Mitte der 1920er Jahre war auch 1938 das Superbenzin etwa 2 Pfennig teurer.

Normalbenzin bis Fahrbenzin

Durch den Beimischungszwang von Agraralkohol für alle in Deutschland anbietenden Treibstofffirmen entwickelte sich aus dem Zwanziger Jahre-Benzin ein durch Alkohol zu höheren Klopffestigkeiten normalisiertes Benzin, das in den 1930er Jahren die Oktanzahl 70 ROZ überschritt.

Die bekanntesten Normalbenzinmarken der großen Tankstellengesellschaften hießen in den 1930ern Standard (Dapolin wurde 1931 von der Deutsch-Amerikanische Petroleum Gesellschaft umbenannt), es gab immer noch Stellin, Olexin und Leuna. Von der NITAG gab es Nitalin. Darüber hinaus gab es viele mittelständisch geprägte Mineralöl- und Tankstellengesellschaften, von denen sich viele in der Uniti zusammenschlossen. Bei der Reichsautobahn-Kraftstoff-GmbH hieß das Benzin einfach Reichsautobahnbenzin. Gleichzeitig erhöhten die I.G. Farben den Anteil des Synthetischen Hydrierbenzins (Leuna-Benzin) aus Braunkohle immer mehr, ab 1936 kam das erste Synthetische Benzin aus Steinkohle aus dem Hydrierwerk Scholven hinzu, das vom Benzol-Verband ebenfalls als Leuna vertrieben wurde. Die heimische Benzinproduktion stieg von 1935 bis 1938 von etwa einer auf drei Millionen Tonnen.

Im Juni 1938 erließ der Reichsverkehrsminister eine Anordnung, nach der nur noch Kraftfahrzeuge zugelassen werden durften, deren Motoren mit 74 ROZ auskämen.[9] Das Normalbenzin vom Anfang des Jahres 1939 für den Normalverbraucher wurden damit die beiden Sorten des Fahrbenzins mit einer Oktanzahl von 74 ROZ. Da es nicht mehr genügend Kartoffelalkohol gab, wurde das Nordbenzin (oder Fahrbenzin N) mit einer Beimischung von 13 % dieses Alkohols und wenig Benzol hergestellt. Südlich der Linie „Elbe- Stade- Bremervörde- Soltau- Celle- Braunschweig- Berlin- Polen“ wurde das Südbenzin (oder Fahrbenzin S) zur Erhöhung der Klopffestigkeit statt mit Alkohol mit dem Additiv Bleitetraäthylen versehen.[13]

 

Benzin-Benzol-Gemisch (Bibo)

Der hauptsächliche Lieferant in Deutschland für Bibo war der Benzol-Verband, der 1935 die größte Mineralölvertriebsgesellschaft der Großen Fünf mit einer Absatzquote von 26,2 % war und auf Platz Drei lag mit 7.740 Zapfstellen (13,8 %).[14] Bei der Reichsautobahn-Kraftstoff-GmbH hieß das innerhalb des Monopolkorridors von 500 m Breite entlang der Reichsautobahnen verkaufte Bibo-Gemisch einfach Reichsautobahngemisch.

Die in ganz Deutschland erhältlichen Benzin-Benzol-Gemische erreichten 1939 bei 40 % Benzolanteil eine Klopffestigkeit von 78 bis 80 ROZ, genauso wie das Superbenzin. Bibo war ab 1939 die dritte zugelassene Ottokraftstoffsorte in Deutschland, über 78 ROZ nicht mehr an Kraftfahrzeuge abzugeben.

Superbenzin oder Aufpreisbenzin

Bis Mitte der 1930er Jahre war Superbenzin entweder mit Benzol oder Alkohol in größeren Mengen klopffester gemacht oder es war mit Eisencarbonylen versetzt wie das von der Deutschen Gasolin vertriebene Motalin.

Bis Mitte der 1930er Jahre verschaffte sich die I.G. Farben durch ihre langjährige gute Zusammenarbeit mit Standard Oil Company of New Jersey auf dunklen geschäftlichen Kanälen, an der US-Staatlichen Exportuntersagung vorbei, Bleitetraäthyl (TEL), um daraus Flugbenzin zu entwickeln. Als Ausweg für Deutschland erwarben die I.G. Farben 1935 von Standard Oil, mit denen sie bereits beim Synthetischen Benzin zusammenarbeiteten, eine Lizenz auf das US-Patent von Bleitetraäthyl zur Herstellung desselben, um damit klopffesteres Flugbenzin produzieren zu können. Nach Gründung der Ethyl GmbH wurden zwei Bleitetraäthyl-Fabriken gebaut und mit der Regierung am 10. Juni 1936 ein Flugbenzinvertrag geschlossen.[9] In der Folgezeit wurde das Autobenzin zusätzlich zum Benzol verbleit.

  Bis 1938 hatte das mit 30 % Benzol sowie dem Additiv Bleitetraäthyl versehene, teilweise Aufpreisbenzin genannte, Superbenzin Oktanzahlen von 78 bis 80 ROZ erreicht. Es war zwei Pfennig teurer als das Fahrbenzin und als vierte Kraftstoffsorte in Deutschland zugelassen. Über 78 ROZ durfte dieses ab August 1938 nicht mehr an Kraftfahrzeuge ausgegeben werden. Es war aufgrund der Bevorratungsvorgaben für die Panzertruppe und für Flugbenzin vorbehalten.[9] Es sollen Additive wie organische Amine, Anilin oder Toluidin, als Ersatzstoffe zum Einsatz gekommen sein.[11]

In den USA wurde während des Zweiten Weltkriegs nach Entwicklung des Isooktans (per Definition: Oktanzahl 100 ROZ) aus Crackgasen die Verwendung von Bleitetraäthyl für Flugbenzin zugunsten von Isooktan ersetzt. Mit Isooktan wurde ein wesentlich hochwertigeres Flugbenzin als mit dem in Deutschland weiterhin verwendeten Bleitetraäthyl möglich.[15] Isooktan war für Deutschland kaum verfügbar, da es aufgrund der verwendeten Basisprodukte und Technologien kaum Crackgase als Ausgangsprodukt für Isooktan gab. Der Bau der vorgesehenen Großproduktionsstätten in Heydebreck O.S. (Kędzierzyn) und Auschwitz (Oświęcim) wurde bis Ende des Kriegs nicht fertig, mehrere Kleinanlagen brachten nicht die benötigte Kapazität.[9]

Alternative Ottokraftstoffe

Rennkraftstoffe

Für den Motorsport existierten während der 1930er Jahre eine Vielzahl an speziellen Rennkraftstoffen, bei denen Gemische aus Benzin und reinem Alkohol (meistens Methanol) zum Einsatz kamen. Dies diente zur Erhöhung der Klopffestigkeit und zur Steigerung des Wirkungsgrades der Motoren.

Flüssiggas

  Ab dem 16. September 1939 wurde per Verfügung vor allem der deutsche Stadt-Omnibusbetrieb ganz auf Flüssiggas (Butan oder Propan) umgestellt. Das Gas wurde im Anhänger, auf dem Dach oder bei Doppeldecker-Bussen im oberen Stock untergebracht. Da zu wenig Reichweite mit der Füllung erzielt wurde und es ab 1948 wieder genügend Ottokraftstoffe gab, konnten die Omnibusse wieder auf ihre vorherigen Betriebsarten umgestellt werden.[16]

Holzgas

Durch die Vorschriften zur Bewirtschaftung und Verteilung der produzierten Otto- oder Dieselkraftstoffe mussten im Lauf des Zweiten Weltkriegs die privaten Nutzer von PKW und LKW in Deutschland auf Holzgasbetrieb mittels Holzvergasung umstellen. Dabei wurde bei dem am häufigsten verwendeten System der Teilverbrennung unter Luftmangel im Gleichstromverfahren (nach Georges Imbert) das aus dem Tankholz (meist getrocknete Buche) erzeugte Gas nach Abkühlung und Filterung dem Ottomotor des Fahrzeugs zugeleitet.

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs gab es etwa 500.000 Generatorgaswagen oder Holzgaswagen. Zu ihrer Versorgung gab es in den 1940er Jahren die Generatorkraft – Aktiengesellschaft für Tankholz und andere Generatorkraftstoffe mit den zugehörigen Tankstellen.[17]

Nach dem Zweiten Weltkrieg

  Selbst wenn die Deutsche Gasolin noch 1956 mit einem „Benzol-Gemisch (ohne Blei)“[18] warb und auch die BV-Aral ihr Bibo-Gemisch als „bleifrei“ anpries, waren doch die hauptsächlich verkauften Ottokraftstoffe aller Marken im Westen die verbleiten Benzinsorten Normalbenzin und Super. In der DDR nannte man die Sorten nach der Abkürzung für Vergaserkraftstoff VK mit der angehängten Klopffestigkeit. So gab es VK79 (bis Anfang der 1980er), VK88 und VK94. Anfang der 1980er Jahre ging in Westdeutschland die Verwendung von Benzol massiv zurück, seit 2000 ist der Anteil des Benzols als erdölbedingter Begleitstoff auf 1 % begrenzt, da es krebserregend und reproduktionstoxisch ist. In den USA darf gar kein Benzol mehr im Benzin sein.

Mit der Änderung des Benzinbleigesetzes am 18. Dezember 1987 wurde bleihaltiges Normalbenzin verboten und 1996 in Deutschland der Verkauf von verbleitem Super eingestellt.

1950 kostete Normalbenzin durchschnittlich 56 Pfennige und Super 63 Pfennige,[19] die Differenz lag damit mit 7 Pfennigen bei über 12 %. Bis 1975 bestand der Preisunterschied von 7 Pfennigen (8 %), um innerhalb von 2 Jahren auf 5 Pfennige abzusinken. So blieb er bis zum Jahr 2000 (2,5 %). Mit der Umstellung auf den Euro besteht die durchschnittliche Differenz zwischen Normal und Super aus nur noch 2 Cents (1,6 %). In inflationsbereinigten Preisen heißt das, dass Normal und Super etwa das Gleiche kosten auf dem Preisniveau von Normalbenzin Mitte der 1950er Jahre.[20] Seit Dezember 2007 kosten Normal und Super an einigen Tankstellen gleichviel.

Benzine (Normal und Super)

  Die aus Rohöl destillierten Basiskraftstoffe weisen nur Oktanzahlen von 50 bis 70 ROZ auf. Da für moderne Motoren Oktanzahlen um 95 ROZ erforderlich sind, werden Benzine veredelt (durch Reformieren an Platin- oder Rhenium-Katalysatoren) und es wird Methyl-tert-butylether (MTBE, 98 ROZ, 114 MOZ)[21] bei Super plus als Antiklopfmittel zugemischt.

Bis heute haben sich die von der Qualität her europaweit einheitlich in der Norm EN 228 festgelegten Fahrbenzine so weiterentwickelt, das das so genannte Normalbenzin in Deutschland mit einer Oktanzahl von 91 ROZ noch zu haben ist, in der Schweiz, Spanien, Schweden und anderen Ländern jedoch schon nicht mehr. Das in Deutschland so genannte Super oder Eurosuper mit 95 ROZ heißt in der Schweiz einfach Bleifrei 95. Das deutsche Super plus (ROZ 98) ist in der Schweiz das Super oder Bleifrei 98. In der Luftfahrt ist dieses Superbenzin unter der Bezeichnung MoGas im Einsatz.

Darüber hinaus gibt es bei den Fahrbenzinen noch klopffestere Rezepturen mit 99 ROZ und 100 ROZ. Beim Flugbenzin (AvGas) gibt es ebenfalls klopffeste Treibstoffe mit 100 ROZ und darüber hinaus 130 ROZ, diese sind jedoch bleihaltig und stark bleihaltig.

Alternative Ottokraftstoffe

Die beschriebenen Alternativen Ottokraftstoffe sind sehr unterschiedlich. So werden die Flüssiggase im entsprechenden Fahrzyklus als alleiniger Treibstoff verwendet, und der Motor kann auf Verwendung von Benzin in einem eigenen Fahrzyklus umgeschaltet werden. Beim Ethanol handelt es sich heutzutage meist um keinem reinen Treibstoff, sondern um einen Zusatz zum Benzin, wie es schon die Reichskraftsprit mit ihrem Kartoffelschnaps in den 1920er Jahren gemacht hat.

Autogas (Flüssiggas, LPG)

Autogas bezeichnet zum Gebrauch in Ottomotoren vorgesehenes Flüssiggas (LPG, Liquified Petroleum Gas). Es handelt sich um Butan oder Propan. Bereits seit den 1970er Jahren ist es in Italien sehr verbreitet, auch steht ein ausreichend dichtes Tankstellennetz zur Verfügung. Autogas hat eine hohe Klopffestigkeit von 105 bis 115 ROZ je nach Butananteil.[22]

 

Erdgas (LNG, CNG)

Komprimiertes Erdgas (CNG) ist seit den 1990ern in Deutschland verfügbar. In Argentinien, Brasilien und Italien fahren bereits Millionen Automobile damit. Eine Alternative dazu stellt Flüssigerdgas (LNG) dar.

Bio-Ethanol ([Benzin mit] Agraralkohol)

Ethanol-Kraftstoff (Bio-Ethanol) wird beispielsweise aus Zuckerrüben oder Weizen gewonnen. Seit 2005 wird es in Deutschland in geringen Mengen dem normalen Benzin beigemischt. In Brasilien fahren bereits viele FFV-Automobile mit purem oder fast purem Alkohol. In Schweden als Vorreiter in Europa besteht schon ein sehr hoher Grad an Alkohol (z. B. E85) im Gemisch mit Benzin. Verfahren zur Gewinnung von Zellulose-Ethanol aus pflanzlicher Biomasse befinden sich in der Entwicklung, um damit die Menge des verwendeten Agraralkohols und die damit einhergehende Nahrungsmittelkonkurrenz zu reduzieren.

Rennkraftstoffe

In den 1950er Jahren waren die Rennkraftstoffe weitgehend frei von Vorschriften. So entstanden giftige und aggressive Gemische aus Benzol, Methanol, Aceton und Nitrobenzol, die nach dem Rennen sofort abgelassen werden mussten und die bei unvorsichtigem Umgang eines Krankenhausaufenthalts bedurften. Diese Gemische wurden durch Flugbenzin abgelöst, bis Ende der 1960er Jahre die erlaubten Zutaten von der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) zur Sicherheit von Fahrern und Mechanikern immer wieder zusammengestrichen wurden.

Bis in die 1990er Jahre kreierten die beteiligten Mineralölgesellschaften pro Jahr über 300 Renn-Mischungen. 1993 setzte die FIA durch, dass Formel-1-Kraftstoff allen Vorschriften der EU-Normen entsprechen muss. Dass der verwendete Kraftstoff der Norm für bleifreies Super entspricht, auch wenn die Zusammensetzung innerhalb der Norm vom Tankstellenkraftstoff abweicht, überwacht in der Formel 1 die FIA selbst.[23] Dabei hat das heutige Rennbenzin immer noch 102 ROZ, nachdem es in der Vergangenheit 108 ROZ haben durfte.[24]

Während früher die volumetrische Energiedichte (Heizwert pro Liter) immer weiter gesteigert wurde, kommt es heute inzwischen wesentlich mehr auf die gravimetrische Energiedichte (Heizwert pro Kilogramm) an, um so nah wie möglich am Mindestgewicht für die Rennwagen bleiben zu können.[25] Der Verbrauch und die Menge des Treibstoffs werden deshalb im Rennsport meist als auf Kilogramm-Basis statt in Litern angegeben, weil für das Fahrzeugsetup das Gewicht entscheidend ist (ein Liter Rennkraftstoff wiegt etwa 750 bis 800 Gramm).

Siehe auch

Literatur

  • Joachim Kleinmanns: Super, voll! Kleine Kulturgeschichte der Tankstelle. Jonas Verlag, Marburg, 2002. ISBN 3-89445-297-8
  • Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859–1974. Verlag C. H. Beck, München, 2003. ISBN 3-406-50276-8

Einzelnachweise

  1. Ethanol-Kraftstoff#Geschichte
  2. Ein Leben ohne Erdölprodukte!
  3. Leichtbenzin
  4. Aviation Fuel in WW-I
  5. Joachim Kleinmanns: Super, voll! Kleine Kulturgeschichte der Tankstelle. Jonas Verlag, Marburg, 2002. S. 43.
  6. Bernd Polster: Super oder Normal. Tankstellen – Geschichte eines modernen Mythos. DuMont, Köln, 1996. S.44
  7. Stadt Arnstadt: DAS WIRTSCHAFTLICHE, KULTURELLE UND SPORTLICHE LEBEN
  8. Automobilgeschichte: Kraftstoffe in den 20er Jahren
  9. a b c d e f Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859–1974. Verlag C. H. Beck, München, 2003. ISBN 3-406-50276-8
  10. Standard Oil Fuels World War II
  11. a b Klopf, klopf: unkontrollierte Verbrennung
  12. Die Zeit − Wirtschaft: Bundesbahn in der Abwehr, 1950.
  13. Kraftstoffe
  14. Joachim Kleinmanns: Super, voll! Kleine Kulturgeschichte der Tankstelle. Jonas Verlag, Marburg, 2002. S. 46. (zitiert nach Walter Ade: Das Tankstellenproblem in Deutschland. Hamburg, 1936.)
  15. Tetraethylblei#Geschichte
  16. Infos von Elkawe aus
    - Die Geschichte des deutschen LKW-Baus, Buch Nr. 2a S. 18 - Weltbild Verlag 1994 - ISBN 3-89350-811-2 und
    - Lastauto Omnibus – Sonderheft 75 Jahre L+O S. 87 - Vereinigte Motor-Verlage.
  17. A 1941 map from Generatorkraft
  18. „Der Tankfix deckt die Karten auf“
  19. Durchschnittspreise Kraftstoffe: Entwicklung in Deutschland seit 1950
  20. Treibstoffpreisentwicklung in Deutschland (inflationsbereinigt)
  21. Ottokraftstoff-Anforderungskriterien
  22.  » Flüssiggas «
  23. Alles Super!
  24. Oktanzahl#Oktanzahlen von Ottokraftstoffen
  25. Leichterer Treibstoff für längere Distanzen
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