Ost-Chemie sucht Wege aus der Krise

Unsicherheit groß

14.04.2020 - Deutschland

(dpa-AFX) In der ostdeutschen Chemie herrscht laut Verband eine sehr große Verunsicherung über die Auswirkungen der Corona-Krise. "Noch läuft die Produktion bei den meisten Unternehmen, bei den einen besser, bei den anderen schlechter", sagte Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin des Landesverbandes Nordost im Verband der Chemischen Industrie (VCI) der Deutschen Presse-Agentur. Viele Unternehmen der Branche in Ostdeutschland bereiten sich ihren Angaben nach auf Einschränkungen in der Fertigung und Beschäftigung vor. "Für April erwarten wir einen Anstieg der Kurzarbeit, es werden wohl rund 10 bis 15 Prozent der Beschäftigten davon betroffen sein", sagte Schmidt-Kesseler.

Die sinkende Nachfrage und der Bezug von ausreichend Rohstoffen bereiten der Branche in Ostdeutschland das größte Kopfzerbrechen. In Ländern wie China oder Indien, in denen viele chemische Grundstoffe hergestellt werden, sei es zu Produktionsausfällen und somit zu Lieferschwierigkeiten gekommen. Zudem sind den Angaben nach die Nachfrage aus der heimischen Automobilindustrie und das Exportgeschäft rückläufig. Dabei tätigt gut die Hälfte der Firmen ihre Geschäfte im Ausland. Keine andere Branche in Ostdeutschland sei exportintensiver, sagte Schmidt-Kesseler.

Angesichts der Corona-Krise hat der VCI laut Schmidt-Kesseler eine Plattform ins Leben gerufen, um die Produktion von Desinfektionsmitteln und Schutzausrüstung kurzfristig auszuweiten. Ziel sei es vor allem, die Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen und die Bevölkerung mit ausreichend Desinfektionsmitteln und Schutzkleidung auszustatten. "Viele Unternehmen haben ihre Produktion entsprechend umgestellt oder ausgeweitet", sagte sie. "Der Bedarf ist riesig", sagte Schmidt-Kesseler.

Diese Nachfrage helfe den Unternehmen nur vorübergehend. "Keiner kann uns sagen, wie lange die Krise anhalten wird und welche Konsequenzen sie für die Existenz der Unternehmen und die Beschäftigung haben wird", sagte sie. "Die größte Angst besteht darin, dass ein Krankheitsfall im Unternehmen auftaucht und die Produktion stillgelegt werden muss", sagte sie. Die Firmen hätten die ohnehin für die Branche aufgrund der Produktionsprozesse geltenden hohen Sicherheitsregeln "extrem verschärft". Es werde auch Fieber gemessen.

Die Chemie- und Pharmabranche ist in Deutschland nach der Autoindustrie und dem Maschinenbau die drittstärkste Industriebranche. In Ostdeutschland ist sie die viertgrößte Branche und gehört laut Verband zu den größten Arbeitgebern. Chemieparks wie in Bitterfeld-Wolfen und Leuna, weitere Produktionsstandorte in Böhlen (Sachsen) von Dow Chemical (Midland/Michigan) und von BASF (Ludwigshafen) in Schwarzheide (Brandenburg) prägen die Struktur. Die Branche hat viele Mittelständler.

Nachdem die Chemie- und Pharmabranche in Deutschland 2018 noch einen Rekordumsatz von 203 Milliarden Euro erzielt hatte, haben sich seither die Geschäfte eingetrübt. Bundesweit hat die Branche 465.000 Beschäftigte, in Ostdeutschland 57.000 Mitarbeiter - bei einem Jahresumsatz von zuletzt 26 Milliarden Euro (2018).

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