Chemie-Beschäftigte erhalten mehr Geld
Ohne großen Theaterdonner haben sich die Tarifpartner auf eine neue Gehaltsstruktur geeinigt
(dpa) Die rund 550.000 Beschäftigten der chemischen Industrie bekommen deutlich mehr Geld. Gewerkschaft und Arbeitgeber einigten sich für die Tarifmitarbeiter in der drittgrößten deutschen Industriebranche auf eine zweistufige Erhöhung. Zunächst gibt es 3,0 Prozent mehr, nach 13 Monaten steigen die Bezüge noch einmal um 2,3 Prozent. Dies teilten beide Seiten am Donnerstag nach Verhandlungen in Lahnstein bei Koblenz mit.
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Damit gelang in der Branche erneut ein Abschluss ohne Streiks. Die Tarifpartner beschlossen zudem ein Programm zur Berufsvorbereitung angehender Lehrlinge und auch von jungen Flüchtlingen, das mit einer Million Euro ausgestattet wird.
Der Verhandlungsführer der Gewerkschaft IG BCE, Peter Hausmann, sagte: «Wir haben einen guten Kompromiss erzielt, das Ergebnis entspricht der Lage in der chemischen Industrie. Die Prozentzahlen können sich auch im Branchenvergleich sehen lassen.» Der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis betonte, die gut qualifizierten Beschäftigten der Chemiebranche «bekommen jetzt auch gutes Geld».
Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Georg Müller, sprach von einem Ergebnis an der Belastungsgrenze. «Das ist ein Kraftakt.» Dieser sei nur mit seiner langen Laufzeit tragbar, die Planungssicherheit und Flexibilität biete. «Mit diesem Ergebnis steht die nächste Tarifrunde erst wieder in zwei Jahren an. Diese Zeit können wir nutzen, um große Herausforderungen wie die Digitalisierung der Arbeitswelt gemeinsam anzugehen.»
Unternehmen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten können die Tariferhöhungen jeweils um maximal zwei Monate verschieben. Generell startet die Entgelterhöhung zu unterschiedlichen Zeiten in den einzelnen Tarifbezirken. Los geht es zuerst in den Bezirken Hessen, Nordrhein und Rheinland-Pfalz am 1. August 2016.
Neu ist im Kampf gegen Fachkräftemangel das Projekt «Pre-Start» für die Integration von Jugendlichen mit erheblichen sprachlichen oder schulischen Schwierigkeiten in den Ausbildungsmarkt. Dieser bis zu dreimonatige Kurs richtet sich laut Vassiliadis auch an junge Flüchtlinge. Überdies werden die traditionellen einjährigen Programme zur Berufsvorbereitung der Branche erweitert.
Die IG BCE hatte bei einer Laufzeit von 12 Monaten 5 Prozent mehr Geld gefordert. Mit dem Abschluss von Lahnstein ist die letzte wichtige Industriesparte für dieses Jahr tariflich unter Dach und Fach. Nun folgen noch mit den Bankangestellten und der Deutschen Bahn zwei große Dienstleistungsbereiche, bevor zum Jahresende die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst der Länder und für die mehr als 400.000 Leiharbeiter auslaufen.
In diesem Tarifjahr hatten bereits die Metall- und Elektroindustrie für 3,8 Millionen Beschäftigte sowie der Bau für 785.000 Arbeiter langfristige Einigungen erzielt, die wie der Chemie-Abschluss bei vergleichsweise geringer Inflation zu deutlichen Reallohnsteigerungen führen dürften. Alle Verträge sind zudem auf annähernd zwei Jahre abgeschlossen.
Mit zwei Tarifstufen von 2,8 und 2,0 Prozent legten die Metaller ein Ergebnis knapp unter dem Niveau des Vorjahres vor, das zudem mit Ausnahmeregeln für schwächere Unternehmen im Einzelfall noch leicht um etwa ein Zehntel abgesenkt werden kann. Gerade die Differenzierungsklauseln hatten letztlich die Zustimmung der Arbeitgeber ermöglicht. Auch kriselnde Chemie-Unternehmen können die Lohnerhöhungen um bis zu zwei Monate nach hinten verschieben. Am florierenden Bau gab es ebenfalls zwei Tarifstufen bei einer Laufzeit von 22 Monaten. Sie rechnen sich im Westen auf ein Plus von 4,6 Prozent und im Osten auf 5,3 Prozent zusammen.
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