Forschern des KIT und ihren Kooperationspartnern an den Universitäten
in Cambridge, Großbritannien, und Utrecht, Niederlande,
ist es gelungen, mittels satellitengestützten Messungen
von „schwerem“ Wasserdampf in der oberen Atmosphäre neue
Hinweise zur vertikalen Luftmassen-Zirkulation zu erhalten.
Diese Erkenntnisse dienen dazu, die Wechselwirkungen zwischen
dem Klimawandel und der Chemie der stratosphärischen
Ozonschicht zu verstehen.
Normalerweise friert Wasser spätestens an der sehr kalten Grenze
zwischen der Troposphäre - der untersten Schicht der Atmosphäre,
in der sich auch das Wetter abspielt - und der darüber liegenden
Stratosphäre, also in etwa 10 bis 15 Kilometern Höhe, aus und es
bilden sich Wolken. Die KIT-Forscher und ihre Kooperationspartner
in Cambridge und Utrecht nutzen bei ihren Untersuchungen den
Effekt, dass bei der Kondensation von Wasserdampf zu Eis so genanntes „schweres“ Wasser (HDO) schneller gefriert als normales Wasser.
Im verbleibenden Wasserdampf ist deshalb das Hauptisotop H2O
gegenüber dem „schweren“ Wasser stärker konzentriert als in solchen
Luftmassen, in denen keine Kondensation, also keine Wolkenbildung,
stattgefunden hat. So ist es den Wissenschaftlern möglich,
den Weg des Wasserdampfes von der Troposphäre in die darüber
liegende viel trockenere Stratosphäre zu beobachten.
Aus den gemessenen Verhältnissen zwischen „schwerem“ Wasser
HDO und dem Hauptisotop H2O konnten die Wissenschaftler jetzt
erstmals beobachten, welche Rolle die Wolkenbildung beim Transport
von Wasser in die Stratosphäre spielt. Durch die Eis- bzw. Wolkenbildung
an der Grenze zwischen Troposphäre und Stratosphäre
gelangt in der Regel extrem trockene Luft von unten in die Stratosphäre.
Die Messungen zeigen aber, dass das Wasser-Isotopenverhältnis HDO/H2O großen jahreszeitlichen Schwankungen
unterworfen ist. Dies deutet darauf hin, dass Eisteilchen in tropischen
Gewitterwolken durch Auftrieb in große Höhen gelangen,
wo sie dann wieder verdampfen und so zur Befeuchtung der Stratosphäre
beitragen.
„Wasser und seine Isotope spielen in der vielfältigen chemischen
Zusammensetzung der Erdatmosphäre eine Schlüsselrolle, denn
Wasser ist ein wichtiges Treibhausgas und seine Konzentrationen in
der oberen Troposphäre und in der unteren Stratosphäre sind von
größter Relevanz für den Klimawandel“, erläutert Dr. Gabriele Stiller,
Arbeitsgruppenleiterin am Institut für Meteorologie und Klimaforschung
(IMK) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).
Am IMK werden die Messungen des im Institut konzipierten MIPASInstruments
(„Michelson-Interferometer For Passive Atmospheric
Sounding“), eines der Hauptinstrumente an Bord des europäischen
Umweltsatelliten Envisat, ausgewertet. Seit 2002 umkreist er die
Erde in etwa 800 km Höhe und überwacht und misst mehr als 30
Spurengase gleichzeitig. Neben Ozon und Wasserdampf gehören
dazu die Stickoxide und verschiedene Fluorchlorkohlenwasserstoffe.
Da MIPAS die von den Molekülen emittierte Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung)
misst, kann es sowohl bei Tag als auch bei Nacht
Spektren aufnehmen.
Originalveröffentlichung: Jörg Steinwagner et al.; "Tropical dehydration processes constrained by the seasonality of stratospheric deuterated water"; Nature Geoscience, 3, published online: 28 March 2010