Covestro: Geschäftsjahr 2022 durch geopolitische Krisen und schwache Konjunktur geprägt

Kreislaufwirtschaft und Klimaneutralität wichtiger denn je

03.03.2023 - Deutschland

Das Geschäftsjahr 2022 war von globalen Herausforderungen mit deutlich spürbaren Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung von Covestro geprägt. Insbesondere die unterjährig stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise, vor allem in Europa, haben das Unternehmen belastet. Hinzu kamen anhaltende Beeinträchtigungen durch die Coronavirus-Pandemie in China, eine hohe Inflation sowie ein insgesamt nachlassendes Weltwirtschaftswachstum. 

Covestro

Trotz niedrigerer Absatzmengen infolge des rezessiven Umfelds wuchs der Konzernumsatz von Covestro um 13,0 Prozent auf 18,0 Mrd. Euro (Vorjahr: 15,9 Mrd. Euro) und erreichte damit den höchsten Wert der Konzernhistorie. Ausschlaggebend hierfür war im Wesentlichen ein deutlich höheres Verkaufspreisniveau. Hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie die im Jahresverlauf nachlassende Nachfrage beeinflussten das EBITDA des Konzerns. Dieses reduzierte sich im Gesamtjahr 2022 um 47,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 1,6 Mrd. Euro (Vorjahr: 3,1 Mrd. Euro). Das Konzernergebnis sank auf –272 Mio. Euro (Vorjahr: 1,6 Mrd. Euro), insbesondere durch außerplanmäßige Abschreibungen auf das Anlagevermögen in Höhe von 463 Mio. Euro sowie Wertberichtigungen von latenten Steuerforderungen auf Verlustvorträge in Höhe von 255 Mio. Euro. Trotz des herausfordernden wirtschaftlichen Umfelds erreichte Covestro durch starkes Working Capital Management einen positiven Free Operating Cash Flow (FOCF) in Höhe von 138 Mio. Euro. Für den ROCE über WACC ergab sich im Gesamtjahr 2022 ein Wert von –5 Prozentpunkten (Vorjahr: 12,9 Prozentpunkte). Die nichtfinanzielle Steuerungskennzahl Treibhausgasemissionen gemessen an CO2-Äquivalenten verbesserte sich um 9,6 Prozent auf 4,7 Mio. Tonnen (Vorjahr: 5,2 Mio. Tonnen). 

„2022 war ein Jahr der Polykrise mit nie dagewesenen Herausforderungen für Covestro. Dies spiegelt sich entsprechend in unseren Ergebnissen für das Geschäftsjahr wider,“ sagt Dr. Markus Steilemann, Vorstandsvorsitzender von Covestro. „Umso entschlossener haben wir im letzten Jahr gehandelt: Wir haben unseren Energieverbrauch gesenkt, Kosten eingespart und an der Weiterentwicklung unserer Produkte gearbeitet. Dabei haben sich unsere Vision der Kreislaufwirtschaft und unsere Strategie „Sustainable Future“ als starkes Fundament erwiesen. Wir richten unser Produktportfolio kontinuierlich auf nachhaltige Wachstumsmärkte wie der Windenergie oder Elektromobilität aus und bedienen den steigenden Bedarf an zirkulären Lösungen. Und eines ist klar: Unser Beitrag ist für eine nachhaltige Zukunft unabdingbar.“ 

Solide Bilanz trotz negativem Konzernergebnis 

„Erwartungsgemäß haben die globalen Krisen unsere Geschäftsentwicklung beeinträchtigt und durch die hieraus resultierenden Sonderabschreibungen zu einem erstmalig negativen Konzernergebnis geführt,“ sagt Dr. Thomas Toepfer, Finanzvorstand von Covestro. „Gleichzeitig sehen wir aber auch: Covestro hat eine solide Bilanz und eine stabile Liquiditätsbasis. Zudem verknüpfen wir zunehmend unsere Finanzierungs- und Nachhaltigkeitsstrategie und richten uns damit weiter auf nachhaltiges Wachstum aus. Damit sind wir gut für die momentan unsichere Konjunkturentwicklung gerüstet.“ 

Um seine Liquiditätsbasis auszubauen, hat Covestro im vergangenen Jahr eine Reihe von Finanzierungsmaßnahmen ergriffen. So hat das Unternehmen im Oktober 2022 erstmalig Schuldscheindarlehen begeben. Diese sind mit einem Environmental, Social, Governance (ESG)-Rating verknüpft und erreichten aufgrund der starken Nachfrage ein Gesamtvolumen in Höhe von insgesamt ca. 650 Mio. Euro. Dass der Konzern seine Finanzierungsstrategie zunehmend mit seiner Nachhaltigkeitsstrategie verknüpft, zeigt sich auch in der erstmaligen Einrichtung eines „Grünen Finanzierungsrahmens“ (Green Financing Framework), welcher im Mai 2022 veröffentlicht wurde. Dieser ermöglicht es, grüne Anleihen und andere grüne Schuldtitel zur Finanzierung und Refinanzierung von Produkten oder Projekten zu nutzen, die einen klaren Mehrwert für Umwelt und Gesellschaft haben. In diesem Rahmen hat Covestro im November 2022 seine erste grüne Euro-Anleihe mit einem Gesamtvolumen von insgesamt 500 Mio. Euro begeben. 

Keine Dividendenausschüttung für Geschäftsjahr 2022 

Aufgrund des negativen Konzernergebnisses im Geschäftsjahr 2022 und in Einklang mit der Dividendenpolitik des Unternehmens hat der Vorstand entschieden, dass für das Geschäftsjahr 2022 keine Dividende ausgeschüttet wird. Die Dividendenpolitik von Covestro sieht eine Ausschüttungsquote zwischen 35 und 55 Prozent des Konzernergebnisses vor, um einen stärkeren Bezug zur wirtschaftlichen Gesamtlage des Konzerns zu schaffen. In diesem Rahmen wurde im vergangenen Jahr für das Geschäftsjahr 2021 eine Rekorddividende an Aktionärinnen und Aktionäre ausgeschüttet.

Nachhaltiges Wachstum im Blick 

Trotz der aktuellen globalen Herausforderungen setzt Covestro weiterhin konsequent seine Strategie „Sustainable Future“ um und richtet sein Portfolio kontinuierlich auf Wachstumsmärkte aus. Dazu gehören Zukunftsbereiche wie Elektromobilität und Windenergie, für die ein deutlich steigender Bedarf an leistungsstarken und nachhaltigen Werkstoffen erwartet wird. Auch im Bereich der Energieeffizienz erwartet Covestro ein Nachfragewachstum, so beispielsweise im Bereich effizienter Dämmlösungen für Gebäude und Kühlgeräte. 

Zudem optimiert Covestro seine Produktionskapazitäten zielgerichtet für nachhaltiges Wachstum und verbessert u.a. seine Angebots- und Kostenposition bei MDI. So hat der Konzern im Februar 2023 erfolgreich eine neue World-Scale-Anlage im spanischen Tarragona für die eigene, unabhängige Herstellung von Chlor in Betrieb genommen. Durch diese Investition in Höhe von rund 200 Mio. Euro stärkt der Konzern die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit seiner dortigen MDI-Anlage. Gleichzeitig ist die neue Chloranlage die erste großtechnische Anlage der Welt, in der die innovative Sauerstoffverzehrkathoden-Technologie (SVK) zum Einsatz kommt. Dadurch sind Energieeinsparungen von bis zu 25 Prozent möglich. Bei der neuen Anlage in Tarragona können so im Vergleich zu bestehenden Prozessen bis zu 22.000 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr vermieden werden. 

Kreislaufwirtschaft wichtiger denn je; starker Kundenfokus 

Um auch seinen Kunden dabei zu helfen, den eigenen CO2-Fußabdruck zu reduzieren und nachhaltigere Produkt-Alternativen schneller zu erkennen, hat Covestro im vergangenen Jahr das neue „CQ“-Konzept eingeführt. Damit hebt der Konzern jene Produkte hervor, die mindestens 25 Prozent alternative Rohstoffe enthalten. Zeitgleich baut Covestro sein Portfolio an nachhaltigen Produkten immer weiter aus. So hat der Konzern zum Beispiel ein teilweise biobasiertes und komplett recycelbares Beschichtungsharz für die Verpackungsindustrie entwickelt – mit gleichbleibendem Barriereschutz für Lebensmittel. Ein großer Fortschritt, da Lebensmittelverpackungen meist noch aus mehrschichtigen Verbundwerkstoffen bestehen, die einen Schutz von Lebensmitteln ermöglichen, aber das Recycling der Papierverpackungen vermindern. Hinzu kamen im vergangenen Jahr u.a. die Einführung von klimaneutralem MDI und erneuerbarem Toluylen-Diisocyanat (TDI). 

Auch seine Vision, sich vollständig auf die Kreislaufwirtschaft auszurichten, treibt das Unternehmen voran und arbeitet an dem Ausbau alternativer Rohstoffquellen, um sich langfristig unabhängig von fossilen Ressourcen zu machen. So stellt der Konzern seine Produktionsstätten schrittweise auf Strom aus erneuerbaren Quellen um. Jüngstes Beispiel dafür ist der im Dezember 2022 abgeschlossene Großliefervertrag mit CGN New Energy für den Bezug von jährlich 300 Gigawattstunden Wind- und Solarstrom für seinen Standort in Shanghai, China. Seit Beginn 2023 werden so 30 Prozent des dortigen Strombedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt. Diese Vereinbarung reiht sich ein in bestehende Stromabnahmeverträge (sog. Power Purchase Agreements, PPAs), die weltweit Produktionsstandorte von Covestro mit erneuerbaren Energien versorgen. Im Gesamtjahr 2022 hat der Konzern so bereits 12 Prozent seines globalen Energiebedarfs durch Strom aus erneuerbaren Quellen gedeckt, für 2023 wird ein Anstieg auf 16 bis 18 Prozent erwartet.

Ausblick 2023: Wirtschaftliche Rahmenbedingungen bleiben herausfordernd 

Vor dem Hintergrund der auch 2023 herausfordernden und unsicheren wirtschaftlichen sowie geopolitischen Rahmenbedingungen hat sich Covestro dazu entschlossen, den Ausblick für das Geschäftsjahr 2023 zum jetzigen Zeitpunkt qualifiziert-komparativ einzuordnen. 

Für das EBITDA des Covestro-Konzerns und des Segments Performance Materials erwartet das Unternehmen einen Wert deutlich unter dem des Vorjahres. Für das Segment Solutions & Specialties rechnet Covestro mit einem EBITDA im Bereich des Jahres 2022. Auf Konzernebene sowie für das Segment Performance Materials geht Covestro von einem FOCF deutlich unterhalb des Werts für das Jahr 2022 aus. Demgegenüber rechnet das Unternehmen für das Segment Solutions & Specialties mit einem FOCF deutlich über dem Betrag des Jahres 2022. Für den ROCE über WACC rechnet Covestro mit einem Ergebnis deutlich unter dem Vorjahreswert und erwartet für die Treibhausgasemissionen gemessen an CO2-Äquivalenten einen Wert im Bereich des Jahres 2022. Für das erste Quartal 2023 rechnet Covestro mit einem EBITDA in Höhe von 100 Mio. bis 150 Mio. Euro.

Herausforderndes Umfeld für beide Segmente; EBITDA von Solutions & Specialties gestiegen 

Im Geschäftsjahr 2022 stieg der Umsatz des Segments Performance Materials im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11,7 Prozent auf 9,1 Mrd. Euro (Vorjahr: 8,1 Mrd. Euro), insbesondere durch einen Anstieg des Verkaufspreisniveaus. Das EBITDA sank gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 63,0 Prozent auf 951 Mio. Euro (Vorjahr: 2,6 Mrd. Euro), vor allem aufgrund niedrigerer Margen durch gestiegene Rohstoff- und Energiepreise bei gleichzeitigem Rückgang der Absatzmengen. Infolge des EBITDA-Rückgangs verringerte sich auch der FOCF des Segments um 60,8 Prozent auf 544 Mio. Euro (Vorjahr: 1,4 Mrd. Euro). 

Der Umsatz des Segments Solutions & Specialties wuchs im Geschäftsjahr 2022 um 13,3 Prozent auf 8,6 Mrd. Euro (Vorjahr: 7,6 Mrd. Euro), insbesondere aufgrund eines Anstiegs des Verkaufspreisniveaus. Das EBITDA von Solutions & Specialties wuchs gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 9,9 Prozent auf 825 Mio. Euro (Vorjahr: 751 Mio. Euro). Hierzu trug u.a. bei, dass die Integration des RFM-Geschäfts noch schneller gelang als geplant und niedrigere Einmalaufwendungen sowie höhere Synergieeffekte einen positiven Effekt auf das Ergebnis hatten. Der FOCF des Segments erhöhte sich im Vorjahresvergleich um 34,5 Prozent auf 195 Mio. Euro (Vorjahr: 145 Mio. Euro), maßgeblich bedingt durch den Anstieg des EBITDA. 

Viertes Quartal 2022: Liquide Mittel in volatilem Marktumfeld generiert 

Im vierten Quartal 2022 sank der Umsatz von Covestro um 8,6 Prozent auf 4,0 Mrd. Euro (Vorjahr: 4,3 Mrd. Euro). Das EBITDA lag im letzten Viertel des Gesamtjahres 2022 bei –38 Mio. Euro (Vorjahr: 663 Mio. Euro), das Konzernergebnis bei –899 Mio. Euro (Vorjahr: 302 Mio. Euro), insbesondere aufgrund der außerplanmäßigen Abschreibungen sowie Wertberichtungen von latenten Steuerforderungen auf Verlustvorträge. Der FOCF entwickelte sich aufgrund des konsequenten Working Capital Managements des Konzerns im vierten Quartal 2022 deutlich positiv und stieg um 54,5 Prozent auf 550 Mio. Euro (Vorjahr: 356 Mio. Euro). 

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