Meine Merkliste
my.chemie.de  
Login  

Elektronegativität



Elektronegativität (Abkürzung EN; Formelzeichen χ) ist ein relatives Maß für die Fähigkeit eines Atoms, in einer chemischen Bindung die Bindungselektronen an sich zu ziehen (Linus Pauling). Sie wird unter anderem von der Kernladung und dem Atomradius bestimmt (Erläuterungen zu den Zusammenhängen sind in den Abschnitten der einzelnen Skalen nachzulesen). Die Elektronegativität kann daher als Anhaltspunkt für die Polarität und den Ionenbindungscharakter einer Bindung genommen werden: Je höher der Unterschied in der Elektronegativität der gebundenen Elemente, desto polarer ist die Bindung.

Atome mit hoher Elektronegativität bezeichnet man auch als elektronegativ, solche mit geringer Elektronegativität als elektropositiv. Die Elektronegativität nimmt in der Regel innerhalb einer Elementperiode von links nach rechts zu und innerhalb einer Elementgruppe von oben nach unten ab, dies darf nicht mit der Säurestärke verwechselt werden, die von oben nach unten aufgrund des Ionenradius zunimmt.

Allerdings existiert keine wirklich eindeutige Methode zur Messung der EN. Die Hauptschwierigkeit dabei ist, dass sich die EN auf das Verhalten eines bestimmten Atoms in einem Atomverband – in einer Einfachbindung! – bezieht und nicht auf einzelne, voneinander isolierte Atome im Gaszustand (wie die Ionisierungsenergie und Elektronenaffinität), und dass sie in hohem Maß von der Art und der Anzahl der mit dem betreffenden Atom sonst noch verbundenen Atome abhängt.

Inhaltsverzeichnis

Einteilungssysteme

Das Elektronegativitätsmodell wurde 1932 durch Linus Pauling eingeführt und später mehrmals verfeinert. Heute finden neben der Pauling-Skala auch die Skalen von Allred-Rochow und Mulliken Verwendung.

Allred-Rochow-Skala

Die Elektronegativität nach A. L. Allred und E. G. Rochow wird oft auch mit cAR oder χAR bezeichnet.

Die Skala beruht auf der Überlegung, dass die Elektronegativität proportional zur elektrostatischen Anziehungskraft F ist, die die Kernladung Z auf die Bindungselektronen (von inneren Elektronen abgeschirmt) ausübt:

F \propto \frac{e^2 \cdot Z_{\rm eff}}{r^2}

wobei r der Atomradius, e die Elementarladung und Zeff die effektive Kernladungszahl ist.


Tabelle der Werte nach Allred-Rochow



Gruppe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Periode
1 H
2,10
He
2 Li
0,97
Be
1,47
B
2,01
C
2,50
N
3,07
O
3,50
F
4,17
Ne
3 Na
1,01
Mg
1,23
Al
1,47
Si
1,74
P
2,06
S
2,44
Cl
2,83
Ar
4 K
0,91
Ca
1,04
Sc
1,20
Ti
1,32
V
1,45
Cr
1,56
Mn
1,60
Fe
1,64
Co
1,70
Ni
1,75
Cu
1,75
Zn
1,66
Ga
1,82
Ge
2,02
As
2,20
Se
2,48
Br
2,74
Kr
5 Rb
0,89
Sr
0,99
Y
1,11
Zr
1,22
Nb
1,23
Mo
1,30
Tc
1,36
Ru
1,42
Rh
1,45
Pd
1,30
Ag
1,42
Cd
1,46
In
1,49
Sn
1,72
Sb
1,82
Te
2,01
I
2,21
Xe
6 Cs
0,86
Ba
0,97
La
1,10
Hf
1,23
Ta
1,33
W
1,40
Re
1,46
Os
1,52
Ir
1,55
Pt
1,44
Au
1,42
Hg
1,44
Tl
1,44
Pb
1,55
Bi
1,67
Po
1,76
At
1,96
Rn
7 Fr
0,86
Ra
0,97
Ac
 
Rf
 
Db
 
Sg
 
Bh
 
Hs
 
Mt
 
Ds
 
Rg
 
Uub
 
Uut
 
Uuq
 
Uup
 
Uuh
 
Uus
 
Uuo
 

Allred-Rochow-Werte der Elektronegativität im Periodensystem der Elemente

Mulliken-Skala

In der Mulliken-Skala (1934 von Robert S. Mulliken vorgeschlagen) wird die Elektronegativität als Mittelwert aus der Ionisationsenergie EI und der Elektronenaffinität Eea (electron affinity) berechnet:

\chi_{\rm M} = \frac{E_{\rm ea}+E_I}{2}

Diese Energie wird in Elektronenvolt angegeben.


Tabelle der Werte nach Mulliken



Gruppe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Periode
1 H
2,10
He
 
2 Li
1,28
Be
1,99
B
1,83
C
2,67
N
3,08
O
3,21
F
4,42
Ne
3 Na
1,21
Mg
1,63
Al
1,37
Si
2,03
P
2,39
S
2,65
Cl
3,54
Ar
4 K
1,03
Ca
1,30
Sc
 
Ti
 
V
 
Cr
 
Mn
 
Fe
 
Co
 
Ni
 
Cu
 
Zn
 
Ga
1,34
Ge
1,95
As
2,26
Se
2,51
Br
3,24
Kr
5 Rb
0,99
Sr
1,21
Y
 
Zr
 
Nb
 
Mo
 
Tc
 
Ru
 
Rh
 
Pd
 
Ag
 
Cd
 
In
 
Sn
1,83
Sb
 
Te
2,34
I
2,88
Xe
6 Cs
 
Ba
 
La
 
Hf
 
Ta
 
W
 
Re
 
Os
 
Ir
 
Pt
 
Au
 
Hg
 
Tl
 
Pb
 
Bi
 
Po
 
At
 
Rn
7 Fr
 
Ra
 
Ac
 
Rf
 
Db
 
Sg
 
Bh
 
Hs
 
Mt
 
Ds
 
Rg
 
Uub
 
Uut
 
Uuq
 
Uup
 
Uuh
 
Uus
 
Uuo
 

Pauling-Skala

Das Pauling-Modell beruht auf der Elektronegativitäts-Differenz zweier Atome A und B als Maß für den ionischen Anteil ihrer Bindung A-B. Sie setzt die Kenntnis der experimentell ermittelten Bindungsdissoziationsenergien der Moleküle A-B, A2 und B2 voraus.

Die Elektronegativitätsdifferenz zweier Atome A und B ergibt sich gemäß:

D_{AB} - \sqrt{D_{AA}D_{BB}} = 96{,}48~\frac{\rm kJ}{\rm mol}(\chi_A-\chi_B)^2

Zur Berechnung der dimensionslosen Elektronegativitätswerte der chemischen Elemente aus der Differenz wurde für Fluor der Wert χF = 3,98 als Referenzpunkt festgelegt.


In der Literatur finden sich oft unterschiedliche Werte für die EN nach Pauling, was auf folgende Gründe zurückzuführen ist:

  1. Die Bindungsdissoziationsenergien sind für manche Elemente bzw. Verbindungen experimentell schwer zugänglich.
  2. Früher verwendete Referenzwerte waren χF = 4,00 und χH = 0,00 (ursprünglicher Wert für Wasserstoff).
  3. Statt des geometrischen Mittels \sqrt{D_{AA}D_{BB}} wurde früher auch das arithmetische Mittel \tfrac{D_{AA}+D_{BB}}{2} verwendet.
  4. Schließlich finden sich in der Literatur unterschiedliche Werte für den Proportionalitätsfaktor.


Tabelle der Werte nach Pauling

Pauling-Werte der Elektronegativität im Periodensystem der Elemente (wenn nicht anders angegeben Werte nach [1])
Gruppe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Periode
1 H
2,2
He
2 Li
0,98
Be
1,57
B
2,04
C
2,55
N
3,04
O
3,44
F
3,98
Ne
3 Na
0,93
Mg
1,31
Al
1,61
Si
1,9
P
2,19
S
2,58
Cl
3,16
Ar
4 K
0,82
Ca
1
Sc
1,36
Ti
1,54
V
1,63
Cr
1,66
Mn
1,55
Fe
1,83
Co
1,88
Ni
1,91
Cu
1,9
Zn
1,65
Ga
1,81
Ge
2,01
As
2,18
Se
2,55
Br
2,96
Kr
5 Rb
0,82
Sr
0,95
Y
1,22
Zr
1,33
Nb
1,6
Mo
2,16
Tc
1,9
Ru
2,2
Rh
2,28
Pd
2,2
Ag
1,93
Cd
1,69
In
1,78
Sn
1,96
Sb
2,05
Te
2,1
I
2,66
Xe
2,6
6 Cs
0,79
Ba
0,89
La*
1,1
Hf
1,3
Ta
1,5
W
1,7
Re
1,9
Os
2,2
Ir
2,2
Pt
2,2
Au
2,4
Hg
1,9
Tl
1,8
Pb
1,8
Bi
1,9
Po
2
At
2,2
Rn
7 Fr
0,7
Ra
0,9
Ac**
1,1
Rf
Db
Sg
Bh
Hs
Mt
Ds
Rg
Uub
Uut
Uuq
Uup
Uuh
Uus
Uuo
Lanthanoide *
 
La
1,1
Ce
1,12
Pr
1,13
Nd
1,14
Pm
1,13[2]
Sm
1,17
Eu
1,2[2]
Gd
1,2
Tb
1,1[2]
Dy
1,22
Ho
1,23
Er
1,24
Tm
1,25
Yb
1,1[2]
Lu
1,27[2]
Actinoide **
 
Ac
1,1
Th
1,3
Pa
1,5
U
1,7
Np
1,3
Pu
1,28[2]
Am
1,13[2]
Cm
1,28[2]
Bk
1,3[2]
Cf
1,3[2]
Es
1,3[2]
Fm
1,3[2]
Md
1,3[2]
No
1,3[2]
Lr
1,3[2]


Eigenschaften der Atome der Hauptgruppen im Periodensystem (von links nach rechts):

  • Atomradius nimmt ab
  • Ionisierungsenergie nimmt zu
  • Elektronegativität nimmt zu

Andere Elektronegativitäts-Skalen

Nach L.C. Allen wird die Elektronegativität aus dem Energiezustand der Valenzelektronen berechnet, was eine spektroskopische Bestimmung erlaubt.

R. T. Sanderson führt die Elektronegativität wie Allred & Rochow auf die effektive Kernladung zurück.

Siehe auch

Fußnoten und Einzelnachweise

  1. David R. Lide: CRC handbook of chemistry and physics : A ready-reference book of chemical and physical data. 87. Aufl. Boca Raton Fla. : CRC Taylor & Francis, 2006 – ISBN 0849304873
  2. a b c d e f g h i j k l m n o Elektronegativität: URL: [1]. – Überprüfungsdatum 2007-07-16– UNI TERRA - Kindler & Gliech GbR Germany

Literatur

  • L. Pauling, The Nature of the Chemical Bond, Cornell Univ., USA, 3rd ed., 1960.
  • R. S. Mulliken, J. Chem. Phys., 1934, 2, 782.
  • A. L. Allred, J. Inorg. Nucl. Chem., 1961, 17, 215.
  • A. L. Allred and E.G. Rochow, J. Inorg. Nucl. Chem., 1958, 5, 264.
  • R. T. Sanderson, J. Chem. Ed., 1988, 65, 112.
  • L. C. Allen, J. Am. Chem. Soc., 1989, 111, 90035.
  • Hans R. Christen; Gerd Meyer: Grundlagen der allgemeinen und anorganischen Chemie. Frankfurt am Main : Sauerländer, 1997 – ISBN 3794139844
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Elektronegativität aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Ihr Bowser ist nicht aktuell. Microsoft Internet Explorer 6.0 unterstützt einige Funktionen auf ie.DE nicht.